Eine Krankheit gilt dann als selten, wenn sie maximal 5 von 10 000 Personen betrifft. Bisher sind weltweit 6000 bis 8000 seltene Krankheiten beschrieben worden, und es kommen immer wieder neue hinzu. Die Mehrzahl der seltenen Erkrankungen ist genetisch bedingt – für viele sind die Ursachen noch nicht geklärt.
Das Bewusstsein um die Problematik seltener Krankheiten in der Schweiz ist gering, obwohl die Zahl der Patienten auf mehr als eine halbe Million geschätzt wird. Diese Zahl übersteigt jene der Menschen mit Diabetes bei weitem.
Sehr oft sind seltene Krankheiten schwerwiegend, verlaufen chronisch und können behindernd oder lebensbedrohend sein. Erschwerend kommt hinzu, dass es gegenüber häufigeren Krankheiten meistens viel länger dauert, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Das Wissen über den Krankheitsverlauf ist oft gering und es fehlt an Therapiemöglichkeiten. Wenn es für Betroffene einer seltenen Krankheit ein Medikament gibt, ist oft die Kostenübernahme durch die Krankenkasse nicht klar geregelt.
Nationales Konzept Seltene Krankheiten
Der Bundesrat hat im Konzept Seltene Krankheiten (2014 – 2019) 19 Massnahmen beschlossen, um sieben Ziele zu erreichen. Die Arbeiten zur Verbesserung der Versorgung für Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten laufen jedoch weiter.
Eine zentrale Aufgabe dabei ist die Schaffung von Referenzzentren für verschiedene Gruppen von seltenen Krankheiten in der ganzen Schweiz. Diese Zentren werden von der Nationalen Koordination Seltene Krankheiten (kosek) koordiniert und zu nationalen Netzwerken zusammengeschlossen.
Weitere wichtige Schwerpunkte bilden der weitere Aufbau und Betrieb des Schweizer Registers für seltene Krankheiten sowie die Arbeiten des Dachverbands ProRaris.
Bundesgesetz seltene Krankheiten
Nach dem Auslaufen des Nationalen Konzepts beauftragte das Parlament den Bundesrat 2022 mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, um die Nachhaltigkeit der Massnahmen aus dem Konzept sicherzustellen (Motion 22.3379 Stärkung und Finanzierung der Patientenorganisationen im Bereich seltener Krankheiten sowie Motion 21.3978 Für eine nachhaltige Finanzierung von Public-Health-Projekten des Nationalen Konzepts Seltene Krankheiten)
Das neue Gesetz soll die Finanzierung des Registers für seltene Krankheiten, der Koordination der Versorgung sowie der Arbeit der Patientenorganisationen sicherstellen.
Blick in die Zukunft
Von immer mehr seltenen Krankheiten wird bekannt, wie sie entstehen. Dieses Verständnis ist Grundlage für die Entwicklung neuer Therapien. Bei seltenen Krankheiten liegt oft ein relativ einfacher Entstehungsmechanismus zugrunde. Zum Teil wirken Medikamente gegen eine seltene Krankheit auch gegen andere, häufigere Krankheiten. Grosse Hoffnung wird in Gen- und Zelltherapien und die personalisierte Medizin gesetzt, da ein Grossteil der seltenen Krankheiten genetisch bedingt ist. Auch die Stammzellenforschung könnte zur Behandlung seltener Krankheiten beitragen. Insbesondere bei der Diagnose sind grosse Fortschritte zu erwarten. Die forschende Pharmaindustrie in der Schweiz ist bei der Forschung und Entwicklung im Bereich der seltenen Krankheiten ganz vorne mit dabei. Bei den gewährten Zulassungen durch die amerikanische und die europäischen Behörden nehmen hiesige Medikamentenhersteller eine Spitzenposition ein.
Weitere Informationen
Seltene Krankheiten - Fortschritte in Diagnose und Behandlung
Orphan Drugs
Nationales Konzept Seltene Krankheiten
Pro Raris
IG Rare Disease
Bericht des Bundesrates "Gesetzliche Grundlage und finanzielle Rahmenbedingungen zur Sicherstellung der Versorgung im Bereich seltene Krankheiten" vom 17. Februar 2021
