Als Orphan Diseases bezeichnet man seltene Krankheiten, deren Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) kleiner als 5 auf 10’000 beträgt. Im Vergleich zur grossen Anzahl möglicher Diagnosen stehen noch relativ wenig spezifische Medikamente, sogenannte «Orphan Drugs», für deren Therapie zur Verfügung.
Um die Forschung und Entwicklung von Orphan Drugs attraktiver zu machen, führten Behörden Anreize für die Pharmabranche ein. Bereits im Jahr 1983 trat in den USA ein Gesetz in Kraft, das die Entwicklung von Medikamenten gegen seltene Krankheiten fördert. Auch die EU hat 1999 mit der Verordnung Nr. 141/2000 eine ähnliche Rechtsgrundlage geschaffen. Mit verschiedenen Massnahmen fördert sie die bessere Anerkennung und Sichtbarkeit seltener Krankheiten und verstärkt die Zusammenarbeit und Koordination auf Ebene der EU. Sie unterstützt die Errichtung europäischer Referenznetze und fördert die Verknüpfung von Fachzentren und Sachverständigen aus verschiedenen Ländern. Ausserdem hat sie Anreize für mehr Forschung im Bereich seltener Krankheiten geschaffen. Seltene Krankheiten sind zudem eine der Prioritäten im EU-Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung. Die Förderungs-Massnahmen haben dazu beigetragen, dass die Anzahl zugelassener Medikamente gegen seltene Krankheiten gestiegen ist.
Orphan Drugs in der Schweiz
In der Schweiz können gemäss Art. 14 Heilmittelgesetz (HMG) wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten vereinfacht zugelassen werden. Die Ausführungsbestimmungen hierzu wurden in die Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren (VAZV) aufgenommen. Hierbei wird unterschieden zwischen der Anerkennung des Status als wichtiges Arzneimittel für seltene Krankheiten (Art. 4 – 7 VAZV) und der Zulassung eines Arzneimittels, das den Orphan Drug Status von Swissmedic erhalten hat (Art. 24 – 26 VAZV).
Die Vergütung für Orphan Drugs erfolgt entweder gemäss Spezialitätenliste oder gemäss Art. 71b KVV, unter denselben Voraussetzungen wie beim Off-Label-Use. Nach diesen Bestimmungen werden auch die Kosten von nicht in der Spezialitätenliste aufgeführten Arzneimitteln und ausserhalb der registrierten Indikationen übernommen. Dies allerdings nur, wenn die Krankheit für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere bzw. chronische Probleme nach sich ziehen kann und wenn es keine therapeutischen Alternativen gibt.
Dieser Entscheidungsprozess ist komplex, und Patienten mit seltenen Krankheiten sind bei der Vergütung oft deutlich schlechter gestellt als Patienten mit Krankheiten, die häufiger auftreten.
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