Bei der Herstellung von Impfstoffen sind spezifische und besonders komplexe Anforderungen zu beachten. Die erste Schwierigkeit ergibt sich bereits aus der Art des Produkts: Impfstoffe sind biologische Erzeugnisse, deren Herstellung ein hohes Mass an Know-how und eine geschützte Umgebung voraussetzt. Das fertige Produkt wird anschliessend einer grossen Gruppe gesunder Menschen verabreicht. Daher richtet sich die Aufmerksamkeit der Hersteller und der Gesundheitsbehörden primär auf die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit der Impfstoffe. Bis zu 70 % der gesamten Produktionszeiten entfallen auf die Qualitätskontrolle. Was die Herstellung zusätzlich verkompliziert, sind die hohen Bedarfsschwankungen. So kann beispielsweise die Nachfrage nach bestimmten Impfstoffen – etwa Kombinationsimpfstoffen für Kinder – genau dann ansteigen, wenn die Hersteller die durch eine Epidemie bedingten Anforderungen des Gesundheitswesens erfüllen müssen.
Von der Herstellung über die Abfüllung bis zur Bereitstellung eines Impfstoffs für die betroffenen Personengruppen vergehen zwischen 7 und 24 Monate. Die Produktion umfasst im Wesentlichen sechs Schritte: Empfang des Rohmaterials, Herstellung der Bulk-Antigene, Zusammenstellung der Formel, Abfüllung, Freigabe und Versand. Bei jedem dieser Schritte wird jede einzelne Ladung überprüft, wobei bestimmte Qualitätskontrollen von verschiedenen Behörden weltweit wiederholt werden.
Diese ausserordentlich hohen Anforderungen an die Impfstoffherstellung erklären, warum pro Herstellungswerk circa fünf Jahre und Investitionskosten von rund 500 Millionen US-Dollar zu veranschlagen sind. Hervorzuheben ist hierbei, dass drei Viertel der weltweiten Impfstoff-Produktionsanlagen in Europa stehen.
Mehrere Werke in verschiedenen Regionen der Welt können die Herstellung unterschiedlicher Komponenten eines Impfstoffs übernehmen. Muss die Produktionskapazität gesteigert werden, kann auch ein und derselbe Produktionsschritt in verschiedenen Werken stattfinden (Mehrquellenbezug/Multi Sourcing). Dank Internationalisierung der Produktionskette und Multi Sourcing können die Hersteller ihre Produktionskapazitäten erhöhen und die Infrastrukturen so optimieren, dass die Bedürfnisse der Patienten besser erfüllt werden. Auch wenn die Globalisierung der Produktion manchmal eine logistische Herausforderung ist, hat sie doch Vorteile:
Um den oder die wirksame(n) SARS-COV2-Impfstoff(e) sicher produzieren zu können, mussten die Hersteller schon zu Anfang der Pandemie neue Produktionslinien bauen oder bestehende Linien umbauen, ohne die Ergebnisse der klinischen Studien abwarten zu können. Sie wussten also nicht, ob ihre Impfstoffkandidaten später tatsächlich zugelassen würden. Seit Beginn der Krise wurden die Produktionskapazitäten beträchtlich erweitert. Die Unternehmen haben auch neues Personal und Unterlieferanten für die Herstellung von Impfstoffkomponenten oder die Übernahme bestimmter Produktionsschritte rekrutiert. Das diesbezügliche Risiko trägt allein die Industrie. Einige Firmen, die nicht an einem eigenen Impfstoff arbeiten, haben angeboten, andere Firmen bei der Produktion ihrer Impfstoffe zu unterstützen.
Ein möglicher Flaschenhals für die Impfstoffversorgung könnten nicht
ausreichende Abfüllkapazitäten und fehlende Impfampullen sein. Daher will
beispielsweise die deutsche Regierung den Ausbau der Abfüllkapazitäten mit
zusätzlichen 250 Millionen Euro unterstützen.
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