Medikamente sind nicht der Kostentreiber im Gesundheitswesen - Interpharma

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4. Dezember 2020

Medikamente sind nicht der Kostentreiber im Gesundheitswesen

Ende November ist der jährlich erscheinende Arzneimittelreport von Helsana publiziert worden. Er hält fest, dass sich die Kostenentwicklung im Medikamentenbereich stabilisiert habe, eine Trendwende aber nach wie vor nicht in Sicht sei. Nahmen die Medikamentenbezüge 2019 gegenüber 2018 mit +0.7% leicht zu, waren die Medikamentenkosten im gleichen Zeitraum sogar leicht rückläufig (-0.2%).

Wir stellen fest, dass Medikamentenkosten im Vergleich zu anderen Kostenblöcken im Gesundheitswesen nur einen geringen Anteil von rund 12% der Gesamtkosten und 21% der OKP-Kosten zu verantworten haben. Dieser Anteil ist seit Jahren stabil, und dies obwohl viele hochpreisige Innovationen auf den Markt gekommen sind. Auch weisen Medikamente ein unterdurchschnittliches Kostenwachstum auf: von 2010 bis 2018 wuchsen Medikamentenkosten durchschnittlich um 2.7%. Alle Gesundheitsleistungen zusammen weisen hingegen ein durchschnittliches Kostenwachstum von 3.2% auf. So berechnet es das Bundesamt für Statistik (BFS). Die Pharmaindustrie leistet als einziger Akteur im Gesundheitswesen regelmässige Einsparungen: Durch die gesetzlich vorgeschriebene dreijährliche Preisüberprüfung spart die Industrie jährlich über eine Milliarde Franken ein. Die Pharmabranche steht zu diesen dreijährlichen Preisüberprüfungen.

Schauen wir uns nun ein paar Aussagen des Reports im Detail an.

Faktencheck 1: Die Kosten einzelner Arzneimittel wachsen ungebremst und die Belastung des Gesundheitssystems muss bei der Preisbildung endliche eine Rolle spielen (S. 7).

Genau wie Helsana sind wir der Meinung, dass die Medikamentenpreisbildung überarbeitet und neuen Gegebenheiten angepasst werden muss: Der Nutzen von Therapien soll in der Preisbildung berücksichtigt werden, der vor dem Hintergrund einer immer personalisierteren Medizin massgebend ist. Die forschende Pharmaindustrie unterstützt daher Preismodelle, wie sie der Bundesrat im zweiten Kostendämpfungsprogramm vorsieht und trägt diese mit, obwohl sie mit Rabatten und Rückzahlungen und damit mitunter mit schmerzlichen Einbussen für die Firmen verbunden sind. Die Voraussetzung, dass die Branche Preismodelle mitträgt, ist allerdings, dass Medikamente dadurch viel schneller zu den Patientinnen und Patienten gelangen. Denn heute müssen Patienten in der Schweiz oft Monate oder gar Jahre auf eine Vergütung durch die obligatorische Krankenkasse warten.

Faktencheck 2: Nach wie vor gehören die Krebs- und Immunsystem-Mittel, gefolgt von Nervensystemmitteln und Stoffwechselpräparaten, zu den grössten Kostentreibern (S. 7).

In den letzten Jahren hat die pharmazeutische Forschung bahnbrechende Fortschritte erzielt. Dies sind gute Neuigkeiten für Patientinnen und Patienten, können dadurch doch heute viel mehr Krankheiten behandelt oder gar geheilt werden als früher. Innovation hat aber auch ihren Preis: Der Prozess der Medikamentenentwicklung dauert rund zehn Jahre und kostet über 2 Mrd. Franken. Von einer Million geprüfter Substanzen kommt am Ende nur gerade eine als Medikament auf den Markt. Diese niedrige Erfolgsquote führt bei Pharmaunternehmen zu beträchtlichen Investitions- und Umsatzeinbussen, die mit dem erfolgreich auf den Markt gebrachten Medikament abgefangen werden müssen. Ausserdem müssen damit neue Forschungsprojekte finanziert werden. All diese Aspekte müssen bei der Preisbildung von innovativen Therapien berücksichtigt werden.

Faktencheck 3: Die Versorgungsqualität muss oberste Priorität haben. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, den jährlichen Kostenanstieg zu bremsen, um der Gesellschaft auch in Zukunft hochwirksame, aber sehr teure Therapien zugänglich zu machen (S. 145).

Für Interpharma stehen die Patienten- und Versorgungssicherheit im Zentrum. Auch in Krisenzeiten haben die Pharmafirmen bewiesen, dass sie hochkomplexe globale Lieferketten aufrechterhalten und auf eine stark gestiegene Nachfrage rasch reagieren können. Um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft sicherzustellen und Lieferengpässen vorzubeugen, könnten zunehmende Lageranforderungen in der gesamten Lieferkette in Betracht gezogen werden. Und um den Zugang auch zu hochpreisigen Medikamenten in Zukunft sicherzustellen, schaffen Preismodelle Abhilfe, die die Pharmafirmen unterstützen, solange dadurch der Patientenzugang rasch gewährleistet ist. Schliesslich braucht die Schweiz einen starken Forschungs- und Entwicklungsstandort, der auf dem Schutz des geistigen Eigentums und einer starken Industrie beruht, um Patientinnen und Patienten auch in Zukunft neue Therapien ermöglichen zu können. Dies ist auch der beste Weg, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Fazit: Alle Akteure im Gesundheitswesen müssen zu Kostendämpfung beitragen

Die Annahme, Medikamentenpreise seien primär für das Kostenwachstum im Gesundheitswesen verantwortlich, ist falsch. Wie oben dargelegt, machen sie nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Kostendämpfungspakete, die zurzeit im Parlament behandelt werden (KP1), respektive deren Vernehmlassung Mitte November ablief (KP2), zielen ebenfalls stark auf Medikamentenpreise. Angesichts dessen, dass die Pharmaindustrie mit den dreijährlichen Preisüberprüfungen bereits einen grossen Brocken an Einsparungen im Gesundheitssystem ermöglicht, sind die Kostendämpfungsforderungen überproportional – auch zum geringen Kostenanteil an den Gesamtkosten. Die Pharmabranche leistet als einziger Akteur im Gesundheitswesen institutionalisiert und regelmässig Einsparungen. Die Preise patentgeschützter Medikamente gleichen sich denn auch immer stärken jenen des Auslands an und sind 2020 im Schnitt nur noch 4.5% höher als die Preise im wirtschaftlich vergleichbaren Ausland, wie Zahlen von Santésuisse zeigen. Diese Preisdifferenz ist im Hinblick darauf, dass Dienstleistungen im Schnitt in der Schweiz 72% teurer sind und Fleisch sogar 85% teurer ist als in den Nachbarländern, verschwindend klein.

Wir fordern, dass auch die anderen Akteure ihre Verantwortung wahrnehmen und dass alle ihren Beitrag zur Kosteneindämmung im Gesundheitswesen leisten.

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