Serie Impfstoff (3/5) – Zulassung eines Impfstoffes in der Schweiz
Die Markteinführung eines neuen Impfstoffes unterliegt in der Schweiz strengen gesetzlichen Hürden, um Wirksamkeit und Sicherheit für die menschliche Anwendung gewährleisten zu können. Die Entscheidung zur Zulassung liegt hierbei beim Heilmittelinstitut Swissmedic. Der Prozess der Herstellung, Formulierung, Abfüllung über die Freigabe und den Vertrieb dauert nicht selten bis zu 24 Monaten.
Nachdem ein Impfstoff alle Phasen
der klinischen Prüfung erfolgreich durchlaufen hat, kann das Unternehmen bei
Swissmedic die Zulassung beantragen. Zusammen mit dem Antrag für die Zulassung,
muss das Pharmaunternehmen detaillierte Unterlagen über den Entwicklungsprozess
sowie Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit des neuen Impfstoffes miteinreichen.
Swissmedic ist für die Beurteilung von Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität der Medikamente zuständig. Über die Aufnahme in die Kassenpflicht entscheidet das Bundesamt für Gesundheit (BAG), welches die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW-Kriterien, die im Krankenversicherungsgesetz festgelegt sind) des Präparates beurteilt. Dazu muss die Herstellerfirma beim BAG einen Antrag einreichen.
Zusammenarbeit mit den ausländischen Heilmittelinstituten
Nach Heilmittelgesetz Art. 13
kann ein Pharmaunternehmen die Prüfungsunterlagen, die es bei einem anderen
ausländischen Heilmittelinstitut bereits eingereicht hat, nun auch bei
Swissmedic eingereichen. Da die Institute mit denselben Prüfungskategorien
arbeiten, ist eine Zulassung in der Schweiz daher so gut wie immer sicher. In
der Vergangenheit orientierte sich Swissmedic bei der Zulassung neuer
Impfstoffe an EMEA, der Europäischen Zulassungsstelle. So entschied das
Schweizerische Institut im Jahre 2009 einen Impfstoff gegen die Schweinegrippe
zuzulassen, nachdem dieser bereits erfolgreich das europäische
Prüfungsverfahren durchlaufen hatte. Diese Synergieeffekte sind deswegen von
grosser Bedeutung, weil Schweizer Patientinnen und Patienten auch durch ausländische
Prüfungen hier profitieren können und damit einen beschleunigten Zugang zu
Impfstoffen erhalten können.
Vergütung
Die
Vergütung eines neuen Impfstoffs unterliegt in der Schweiz der Prüfung und
Bewilligung dreier eidgenössischer Kommissionen.
EKIF
(Eidgenössische Kommission für Impffragen) ist ein unabhängiges Gremium des
Bundes, welches bei Impffragen eine wichtige Vermittlerrolle zwischen Behörden,
Fachkreisen und der Bevölkerung wahrnimmt. Sie ist zuständig für die
wissenschaftliche Beratung der Behörden bei der Erarbeitung von
Impfempfehlungen.
ELGK
(Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen) ist
ein 18-köpfiges Konsultativorgan des Bundes bestehend aus wichtigen Vertretern
aus dem Gesundheitswesen.
EAK
(Eidgenössische Arzneimittelkommission) ist ein 16-köpfiges Gremium aus
Vertretern der pharmazeutischen Interessenvertretung, darunter Interpharma, und
medizinischem Fachpersonal aus Industrie und Wissenschaft.
Pharmacovigilance –
oder warum auch nach der Zulassung Qualitätskontrollen nötig sind
Sobald Swissmedic die Zulassung
erteilt hat, supervisiert sie weiterhin den Impfstoff. Man spricht in diesem
Zusammenhang von Pharmacovigilance. Denn,
obwohl der Impfstoff in klinischen Studien erfolgsversprechend war, fehlen zum
Zeitpunkt der Zulassung Erkenntnisse zu seltenen Nebenwirkungen und
Langzeiteffekten. Medizinische Fachpersonen und pharmazeutische Firmen können
Verdachtsfälle unerwünschter Nebenwirkungen heute direkt an Swissmedic
weiterleiten. Zudem sieht das Heilmittelgesetz vor, unerwünschte
Impferscheinungen (UIE), die in einem zeitlichen Zusammenhang zu einer Impfung
stehen, unabhängig ob ein kausaler Zusammenhang vorliegt, zu registrieren.
Erschwerte Bedingungen durch komplexe Regulierungen
Nationale
und internationale Heilmittelinstitute unterziehen Impfstoffen auch nach einer
Zulassung einer kontinuierlichen Prüfung um ein höchstes Mass an Sicherheit und
Wirksamkeit für die Patientinnen und Patienten gewährleisten zu können. Kleinste
Änderungen beispielsweise an der Verpackung, müssen durch die nationalen
Regulierungsbehörden überprüft werden. Hierbei unterscheiden sich die
Zulassungszeiten von Land zu Land erheblich. Diese Unterschiede können
schwerwiegende Folgen für den Zugang zu Impfstoffen und die
Versorgungssicherheit haben. Aufgrund der begrenzten Produktionskapazitäten
können Hersteller nicht immer gleichzeitig unterschiedliche Produktionslinien
für die mehreren zugelassenen Versionen des Impfstoffs aufrechterhalten.
Momentane Impfstoffsituation in der Schweiz
Die Verfügbarkeit von Impfstoffen
ist ein Dauerbrenner, nicht nur in der Schweiz. Seit März 2016 werden alle
Versorgungsengpässe von Impfstoffen, die voraussichtlich länger als 14 Tage
dauern, vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) in einer Liste
unter Angabe der voraussichtlichen Dauer publiziert. Derzeit sind in der
Schweiz acht solche Impfstoffe von einem Lieferengpass betroffen, die
Patientinnen und Patienten gegen Pneumokokken, Poliomyelitis, Tollwut und
Tetanus immunisieren können.
Grundsätzlich sind Lieferengpässe selten und Pharmafirmen versuchen diese, wenn immer möglich, zu vermeiden. Die Überbrückung eines Versorgungsengpasses bedeutet für die betroffene Firma viel Aufwand und bei einem wirklichen Engpass, bei dem es keine therapeutischen Alternativen gibt, auch ein Reputationsrisiko. Besonders exponiert sind jedoch Wirkstoffe und Produkte, für die weltweit nur einige wenige Produktionsstätten verfügbar sind, ältere Wirkstoffe, deren Patente seit sehr langer Zeit abgelaufen sind sowie Impfstoffe, welche saisonalen Bedarfsschwankungen unterworfen sind. Gerade bei Impfstoffen kann es sein, dass der Bedarf kurzfristig steigt (Grippeimpfstoffe sind in der Regel von Oktober bis November verfügbar – wird dieser vorher oder später benötigt, kann es sein, dass er nur noch beschränkt oder nicht mehr verfügbar ist). Zudem sind Impfstoffe in der Regel komplexe Produkte mit ebenso komplexen Herstellungsverfahren. Es gibt bei Impfstoffen generell nur wenige Anbieter und somit nur wenige Produktionsstätten weltweit. Falls dann z.B. ein Wirkstoff eines Lieferanten nicht verfügbar ist oder ein technisches Problem (Problem mit der Stabilität oder Sterilität etc.) bei der Produktion auftritt, so kann dies zu einem Engpass führen.
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