Blogserie Bedeutungsstudie – Teil 8: Der Schweizer Pharmastandort ist auf geregelte Abkommen zur Personenfreizügigkeit angewiesen.
Der unkomplizierte und offene Zugang zu ausländischen
Fach- und Spitzenkräften ist für den Pharmastandort Schweiz von zentraler
Bedeutung. Ohne die besten Köpfe rekrutieren zu können, würde der Forschungs-
und Innovationsstandort Schweiz langfristig massiv an Attraktivität verlieren.
Worum geht es?
Seit dem 1. Juni 2002 ist das Abkommen zur
Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU in Kraft. Das Abkommen
führte zur schrittweisen Einführung des freien Personenverkehrs für
Erwerbstätige (Arbeitnehmer und Selbstständige) und für Nichterwerbstätige
(Studenten, Rentner und weitere Nichterwerbstätige) sowie zur teilweisen
Liberalisierung der grenzüberschreitenden personenbezogenen Dienstleistungen. Durch
das Freizügigkeitsabkommen ist die Rekrutierung von Arbeitskräften aus der EU
für Schweizer Unternehmen deutlich erleichtert worden. Der barrierefreie
Zugriff auf den gesamten EU-Arbeitsmarkt erlaubt ein besseres,
produktivitätssteigerndes Matching von angebotenen und nachgefragten
Qualifikationen, wodurch der Fachkräftemangel entschärft wird. Die
Personenfreizügigkeit erleichterte Schweizer Unternehmen zudem die Entsendung
von Arbeitnehmern in den EWR-Raum. Durch diesen gegenseitigen Abbau von
Hemmnissen profitieren langfristig beide Seiten.
Relevanz für die Pharmaindustrie
Wie wichtig der Zugang zu internationalen Arbeitsmärkten insbesondere in der Schweizer Pharmaindustrie ist, zeigen Erhebungen des Bundesamts für Statistik (BFS). Mehr als jeder fünfte Beschäftigte pendelt aus den Nachbarländern als Grenzgänger in die Schweiz. In der Nordwestschweiz ist es sogar jeder Dritte. Von den in der Schweiz wohnhaften Beschäftigten haben 44% eine ausländische Nationalität. In der restlichen Industrie liegt der Anteil bei 30%, wobei der gesamtwirtschaftliche Durchschnitt bei 27% liegt. Bei der Rekrutierung von hochqualifizierten Fachkräften mit Hochschulabschluss ist der grenzüberschreitende Zugang zu Arbeitsmärkten besonders wichtig. Gemäss Strukturerhebung des BFS haben von den in der Schweiz wohnhaften Erwerbstätigen der Pharmaindustrie, die über einen Hochschulabschluss verfügen, 62% eine ausländische Nationalität. Bei den Angestellten mit Promotion oder Habilitation sind es gar 66%. Berücksichtigt man ausschliesslich Personal im Bereich der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung, haben 7 von 10 Personen eine ausländische Herkunft. Das unterstreicht einmal mehr die Stellung des Schweizer Werkplatzes als attraktiven Arbeitgeber.
Anteil der ausländischen Erwerbstätigen mit Wohnsitz Schweiz, 2019 (Quelle: BFS, BAK Economics)
Auswirkung einer Verschlechterung des Abkommens
Eine stetige Verwässerung des Abkommens würde die
Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften aus der EU erschweren. Gerade in
wissensintensiven Bereichen wie dem Pharmasektor würde dadurch der
Fachkräftemangel spürbar verschärft. Des Weiteren wäre die Einführung eines
Kontingentsystems mit steigenden administrativen Kosten für die Unternehmen
verbunden. Der erläuternde Bericht zum Vernehmlassungsentwurf des EJDP geht von
einem Regulierungskostenanstieg von Arbeitskräften aus EU-25/EFTA-Staaten von
zuvor 25 CHF auf neu 419 CHF pro Fall aus. Die Statistiken zur
Beschäftigungsstruktur zeigen deutlich auf, dass die Personenfreizügigkeit eine
enorme Bedeutung für die Pharmaindustrie hat, die deutlich stärker ausgeprägt
ist als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. Die Pharmaindustrie gehört also
zu jenen Branchen, die besonders empfindlich von einer Verschlechterung der
Rahmenbedingungen im Bereich der Personenfreizügigkeit betroffen wären.
Die Innovationen des Pharmastandorts Schweiz sind nicht nur
vom wissenschaftlichen Niveau einzelner Spitzenforscher abhängig: Sie werden
massgeblich von der Qualifikation der gesamten Belegschaft mitbestimmt. Der
flexible Arbeitsmarkt ist eine Stärke der Schweiz, nicht aber der Zugang zu
ausländischen Fach- und Spitzenkräften. Die Sicherstellung der
Personenfreizügigkeit und ausreichend Kontingente aus Drittstaaten gehören
deshalb zu den zentralen Forderungen für die kommenden Jahre. Ebenso darf aber
auch nicht die Wechselwirkung von geregelten Abkommen
Dieser Beitrag ist der letzte Teil einer achtteiligen
Blogserie über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmaindustrie für die
Schweizer Wirtschaft. Erfahren Sie mehr dazu in der Studie von BAK Economics.
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