Blogserie Animal Welfare Report 2021 – Teil 3: Verantwortungsvoller Umgang mit Tierversuchen dank den 3R-Prinzipien
Mit den 3R-Prinzipien sollen möglichst viele Tierversuche ersetzt, deren Zahl reduziert und die Belastung für die Tiere auf einem Minimum gehalten werden. Damit das gelingt, müssen alle Beteiligten von A bis Z eingebunden werden. Seit über zehn Jahren setzen sich forschende Unternehmen für das Wohlergehen von Versuchstieren ein – mit Erfolg.
Die grundlegenden Prinzipien
Damit die Medizin beim Menschen sicher und verlässlich
wirkt, ist bei der Entwicklung von neuen Medikamenten die Durchführung von
Tierversuchen unabdingbar. Mit der Unterzeichnung der Animal Welfare Charta im
Jahr 2010 unterstrichen die Interpharma-Mitglieder ihre ethische Verantwortung
bei Tierversuchen im In- und Ausland. Sie setzten damit internationale Massstäbe.
Bis heute sind die 3R-Prinzipien – Refine, Reduce und Replace – der Leitgedanke
der 10-Punkte-Charta und damit auch des Handelns unserer Mitglieder.
In der Schweiz unterliegen Tierversuche strengen
Regulierungen und dürfen auch nur dann durchgeführt werden, wenn es keine
Alternativen gibt. Dank der Etablierung der 3R-Richtlinie ist die Zahl der
Versuchstiere seit 1983 in den Forschungseinrichtungen der Pharmabranche stetig
reduziert worden. Durch die 3R-Prinzipien sollen möglichst viele Tierversuche
ersetzt (Replace), die Zahl der Versuchstiere reduziert (Reduce) und deren
Belastung auf einem Minimum gehalten werden (Refine). Die unternommenen
Schritte stellen einen wichtigen Beitrag der Pharmaindustrie zum Beitrag des
«Animal Welfare» in der Forschung dar.
Im Einzelnen werden die «3R» von allen Personen umgesetzt,
die an der Entwicklung neuer Medikamente beteiligt sind. Beim «Replace» nehmen Forscherinnen
und Forscher eine klare Güterabwägung vor und prüfen, ob der Einsatz eines
Tieres für ihre wissenschaftliche Fragestellung gerechtfertigt ist oder ob
andere Methoden nicht dieselbe Erkenntnis generieren können. Die konsequente
Anwendung der «Reduce»-Vorgabe führt heute dazu, dass die Anzahl an Tieren
massgeblich reduziert werden konnte. Konkret bedeutet dies, dass in der Schweiz
die Anzahl Versuchstiere in der Industrie seit 2006 von fast 400’000 auf rund
135’000 reduziert werden konnte. Das entspricht einem langfristigen Rückgang
von über 65%. In Bezug auf das «Refine» werden die verwendeten Versuchstiere so
schonend wie möglich behandelt. Dies bezieht sich auf das gesamte Leben des
Tieres: Zucht, Transport, Haltung, Versuch und Euthanasie. Forscherinnen und
Forscher sind zudem in der Lage, heute mehr minimalinvasive Eingriffe
vorzunehmen und so die Heilung von Tieren zu verbessern. All diese Vorgaben
haben während der letzten Jahre dazu beigetragen, dass das Wohlergehen von
Versuchstieren massgeblich verbessert werden konnte.
Anzahl jährlich durchgeführter Tierversuche in der Schweiz von 2006 bis 2020 (Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, 2020)
Verlagerungen in Länder mit tieferen Standards
Innovative Methoden und Techniken haben das Potenzial, die Wissenschaft
weiterzubringen und die Reduktion von Tierversuchen zu ermöglichen. Fachleute
aus unterschiedlichen Disziplinen arbeiten zusammen, um den Wissensaustausch hinsichtlich
tierversuchsfreier Innovationen zu fördern. Ein Alleingang in Form eines nationalen
Verbots sämtlicher Tierversuche, wie ihn beispielsweise das NCad für die
Niederlande vorschlug oder die aktuelle Forschungsverbotsinitiative vorschlägt,
birgt erhebliche Gefahren. Während nämlich in den Niederlanden und auch in der
Schweiz Versuche auf ethisch höchstem Niveau durchgeführt werden, würden
Forschungsprozesse bei einem Moratorium in Länder mit tieferen Standards
verlagert. Dies hätte zur Folge, dass tiefere ethische Ansprüche an den Umgang
mit den Tieren und die Sicherheit der Experimente zur Anwendung kämen. Ausserdem
würde eine Verlagerung ins Ausland die Entwicklung weiterer 3R-Methoden
bremsen, denn Länder mit tieferen Standards haben keine Anreize, zusätzlich in neue
3R-Methoden zu investieren. Ein Verbot von Tierversuchen in europäischen Ländern
hätte so den Effekt, die ethischen Standards in der medizinischen Forschung
gesamthaft zu senken. Strategien wie 3R müssen daher stets im internationalen
Kontext realisiert und Alleingänge vermieden werden.
Die 3R-Strategie
weist den Weg
Die Forderung nach einem Verbot von Tierversuchen ist nicht neu.
Selbst in der Hochphase der ersten Corona-Pandemiewelle 2020 wurden Petitionen
für ein vollständiges Verbot von Tierversuchen bei der Europäischen Kommission eingereicht.
Ihren Vorstoss begründeten die Initianten unter anderem damit, dass die
Niederlande bereits einen Zeitplan für die Abschaffung von Tierversuchen
hätten. Doch was die Forschergemeinschaft bereits bei der Formulierung des
Ausstiegsplans ahnte, wurde später politisch bestätigt: Es gibt in den
Niederlanden heute keinen konkreten Plan mehr für einen Verzicht auf
Tierversuche. Wie unter anderem die SARS-CoV-2-Pandemie zeigt, sind
Tierversuche für die Erforschung von lebensrettenden Therapien oder Impfstoffen
essenziell. Auch bei regulatorischen Sicherheitsprüfungen kann auf Tierversuche
einzig verzichtet werden, wenn validierte, international anerkannte
Alternativen vorhanden sind. Einen verbindlichen Plan des Ausstiegs aus
Tierversuchen kann es auf absehbare Zeit nicht geben, was an den fehlenden
Alternativen liegt und nicht am fehlenden Willen der Forschergemeinschaft.
Die aktuelle Forschungsverbots-Initiative in der Schweiz ist
daher klar abzulehnen, weil sie jegliche Versuche mit Menschen oder Tieren
verbieten will. Ein Verbot wäre aber kontraproduktiv und hätte schwerwiegende
Folgen für den Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz – und vor allem
wären viele wichtige medizinische Durchbrüche zum Wohle der ganzen Gesellschaft
nicht mehr möglich.
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