26. Juni 2020
Trotz Coronakrise, klarer Wunsch nach geregelten Beziehungen zur EU
Trotz der Coronakrise hat sich
die Meinung der Bevölkerung zur Europapolitik nicht substantiell geändert – dies
zeigt eine heute veröffentlichte Umfrage. Diese repräsentative Studie wurde vom
Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag von Interpharma durchgeführt.
Ebenfalls hat die durch die Pandemie
geprägte öffentliche Diskussion zur Kündigungsinitiative bisher wenig Dynamik
ausgelöst und ihr insbesondere nicht zu einer breiteren Unterstützung im
Stimmvolk verholfen.
Auch das institutionelle Abkommen zwischen der Schweiz und der EU findet weiterhin eine stabile Mehrheit.
Die
heute publizierten Ergebnisse geben einen ersten Einblick in die Haltung der
Schweizer Stimmbevölkerung zur Europapolitik nach Ausbruch der Coronakrise. Das
aktuelle Bild zu den bilateralen Verträgen ist von zunehmender Ambivalenz
geprägt: 49% der Befragten beurteilen die Bilateralen als vorteilhaft, 28%
sehen Vor- und Nachteile ausgeglichen und 18% beurteilen die Bilateralen als
nachteilig. Die Vorteile werden leicht weniger stark betont, als noch vor einem
Jahr.
Daraus
ergibt sich die Erkenntnis, dass die Stimmberechtigten der Schweiz das Handeln
der EU im Krisenmanagement tendenziell kritisch beurteilen, die Vorteilssicht auf
die Bilateralen aber ungebrochen überwiegt und die Coronakrise nicht zu einer
Neuformatierung der Einstellung gegenüber den Bilateralen führt.
Kein Aufschwung für die
Kündigungsinitiative
Die Coronadiskussion
beeinflusst zwar die aktuelle Stimmabsicht der Bevölkerung, der bilaterale Weg
soll aber auf keinen Fall gefährdet werden und Experimente auf Kosten der
Wirtschaft werden deutlich abgelehnt. Im Frühling 2019 hatten noch 33 Prozent
der Stimmbürger die Absicht, für die Initiative zu stimmen. Ein gutes Jahr
später liegt dieser Wert bei 29 Prozent. Hingegen lehnen neu 69 Prozent die Initiative
ab, was einer Zunahme von 5 Prozent gegenüber 2019 entspricht.
Bei
den Argumenten gegen die Initiative steht die Angst vor wirtschaftlichen
Schäden im Zentrum. Für rund zwei Drittel der befragten Personen ist es
verantwortungslos, den Zugang zum wichtigsten Absatzmarkt aufs Spiel zu setzen.
Zudem würde der Fachkräftemangel mit der Initiative zusätzlich verschärft.
Das institutionelle Abkommen
zwischen der Schweiz und EU findet stabile Mehrheit
Das institutionelle
Rahmenabkommen hat weiterhin eine stabile Mehrheit und fast zwei Drittel der
Stimmberechtigten würden es annehmen. Die Sicherung des Exportzugangs und
geregelte Beziehungen für die Schweizer Wirtschaft sind auch in dieser Frage der
Stimmbevölkerung ein zentrales Element. Interpharma begrüsst diese Resultate. «Die
Umfrage zeigt, dass sich die Schweizer Bevölkerung stabile Beziehungen zu
unserem wichtigsten Wirtschaftspartner wünscht. Unsere exportorientierte
Wirtschaft braucht Planungs- und Rechtssicherheit, insbesondere in diesen
herausfordernden Zeiten.», so René Buholzer, Geschäftsführer von Interpharma.
Die Pharmaindustrie braucht stabile
Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU
Als
Vertreterin der grössten Exportbranche der Schweiz unterstützt Interpharma den
Bundesrat in seinem Bestreben, den bilateralen Weg zu erhalten. Rund 40% aller
Schweizer Exporte stammen bekanntlich aus der Pharmabranche, knapp die Hälfte
davon geht in die EU. Für die Pharmaindustrie sind insbesondere die Abkommen
über die technischen Handelshemmnisse und die Personenfreizügigkeit
entscheidend. Die Kündigungsinitiative würde diese zentralen Rahmenbedingungen
für den Pharmastandort Schweiz massiv beschädigen.
Die
Coronakrise hat deutlich aufgezeigt, dass für die Aufrechterhaltung der
Produktion offene Grenzen entscheidend sind. Die Zulieferung von Rohstoffen,
Vorpräparaten und Halbfertigprodukten und der grenzüberschreitende Zugang der Mitarbeitenden
zu den Produktionswerken muss auch in Krisenzeiten sichergestellt bleiben.
Geregelte Beziehungen zu unserem wichtigsten Handelspartner sind dafür eine
zentrale Voraussetzung.
Für die Sicherstellung des bilateralen Weges und um den Erhalt des Marktzugangs zur EU zu sichern, muss die Kündigungsinitiative am 27. September abgelehnt werden.
Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze
- 49% der Befragten beurteilen die Bilateralen als vorteilhaft, 28% sehen Vor- und Nachteile gleichzeitig, 18% beurteilen die Bilateralen als nachteilig. Die Coronakrise führt nicht zu einer Neuformatierung der Einstellung gegenüber den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.
- 69% der Befragten lehnen die Kündigungsinitiative ab. 29% stimmen ihr zu.
- 64% der Befragten würden das institutionelle Rahmenabkommen an der Urne annehmen. Die Sicherung des Zugangs zum Exportmarkt hat aus Sicht der Stimmberechtigten die höchste Priorität. 31% lehnen das Rahmenabkommen ab.
Seit
2015 beauftragt Interpharma, der Verband der forschenden pharmazeutischen
Firmen der Schweiz, das Forschungsinstitut gfs.bern mit der Durchführung einer
Befragung zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU. In diesem Jahr wurde
zusätzlich abgefragt, ob sich die Haltung der Stimmbevölkerung gegenüber den
Bilateralen Verträgen aufgrund der aktuellen Lage verändert hat.
Kontakt
Dr.
René Buholzer, Geschäftsführer Interpharma, Verband der forschenden
pharmazeutischen Firmen der Schweiz, Tel. 078 743 65 95