18. November 2020
Serie Gesundheitsdaten 2/2: Warum das Patentrezept für Forschung ein Update braucht und insbesondere für Startups essentiell ist
Bis ein Arzneimittel in der Apotheke oder beim Arzt verabreicht werden kann, bedingt es einen langwierigen Forschungsprozess, der anfänglich mit über 10’000 Substanzen beginnt. Dazu kommt, dass dieser Prozess äusserst komplex, risikoreich und teuer ist – und das Resultat oft leicht zu kopieren. Genau dafür gibt es Patente. Insbesondere auch für Startups, die von Kapitalgebern abhängig sind, stellen sie eine elementare Grundlage dar. Aber was, wenn die Rechte nicht mehr so eindeutig sind?
Unternehmen forschen nur, wenn die Resultate als geistiges
Eigentum vor Nachahmern geschützt werden können. Besonders in der
Pharmaindustrie, in der die Forschung derart teuer, risikoreich und komplex
ist, sind Firmen daher auf einen starken Patentschutz angewiesen.
Ein umfangreicher Patentschutz ist entsprechend der zentrale
Anreiz für eine nachhaltige Investition in Forschung. Denn nur solange
geistiges Eigentum ausreichend geschützt ist, kann es als sicherer Gegenwert
für Risikoinvestitionen gelten. Das ist insbesondere auch für Startups
relevant. Denn für Startups ist das geistige Eigentum oft die einzige
Sicherheit, die sie potenziellen Kapitalgebern vorweisen können.
Forschung findet
nicht nur im Labor statt
Innovation geschieht nicht nur im Labor, sondern auch «im
Feld»: Denn auch Erkenntnisse aus der Anwendung der Wirkstoffe sind in der Pharmaindustrie
wichtig, um Neuentwicklungen zu ermöglichen. Diese klinischen Daten sind bei
der Marktzulassung neuer Arzneimittel schon lange eine wichtige Voraussetzung.
Immer interessanter werden für die Forschung die sogenannten
«Real World-Daten», also Informationen aus der klinischen Praxis die erst nach
der Zulassung gesammelt werden können. Die zunehmende Digitalisierung macht die
Sammlung von Daten im Gesundheitswesen immer einfacher und genauer. Auch mit Fitnesstrackern
in Uhren oder Smartphones können unter gewissen Voraussetzungen qualitativ
hochwertige Datensätze entstehen. Forscher können diese unter genau definierten
Bedingungen – zum Schutz der Privatsphäre – auswerten. Das kann ganz neue
Erkenntnisse und Innovationen möglich machen, wobei die notwendige Kuratierung
der Daten zeit- und kostenintensiv ist und daher vom Urheberrecht abgedeckt
werden sollten.
Auch «Real-World-Daten»
sind schützenswerte Forschungsergebnisse
Von Patienten erhobene Gesundheitsdaten aus realen
Alltagsbedingungen, sogenannte «Real World Daten», sind auch für das
Gesundheitswesen und die Gesundheitspolitik der Schweiz von Bedeutung und
müssen daher breit zugänglich sein. Bisher wurden diese Daten quasi nur
„nebenbei“ erfasst und gesammelt. Daten, die für Forschung und
klinische Zulassung genutzt werden sollen, müssen jedoch sehr viel höheren
Anforderungen entsprechen und systematisch erfasst werden.
Die Honorierung der Forschung auf Basis von «Real World-Daten»
ist im Gegensatz zu klinischen Daten jedoch nicht gesichert. Denn hier hat der Schutz
des geistigen Eigentums noch Lücken. Daten, die gezielt für klinische
Zulassungen erhoben werden oder deren Ansprüchen genügen müssen, sollten einem
vergleichbaren Schutz unterstellt werden, wie er für herkömmliche Daten gilt.
Die Forschung an «Real-World-Daten» setzt voraus, dass Rahmenbedingungen
geschaffen werden, die eine fairen Honorierung für den hohen Aufwand zur
Generierung und Kuratierung solcher Daten ermöglichen.
Es braucht Updates
für das Schweizer Immaterialgüterrecht
Auch wenn es in letzter Zeit sehr viele Innovationen in der Pharmaforschung
geben hat, wird auch in Zukunft nur geforscht werden, wenn die Früchte der
Anstrengungen in Form eines zeitgemässen Immaterialgüterrechts geschützt sind. Das
gilt auch für Studien mit «Real-World-Daten». Ein Ansatz der viel Potential für
neue Innovationen verspricht – Forscher, Unternehmen und Startups werden diese
Potenziale jedoch nur dort ergreifen, wo Patente einen angemessenen Schutz der
entwickelten Innovationen sicherstellt.
Um die Zukunft des Forschungsplatz Schweiz zu sichern, sind
daher national und international rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die Anreize
zur Forschung mit «Real-World-Daten» setzen. Dazu braucht es eine enge
Zusammenarbeit der Branche mit Schweizer Behörden, Unternehmen, Startups und
anderen Partnern.