Ein digital vernetztes Gesundheitssystem ist mehr als Effizienzsteigerung – es ist die Basis für bessere Versorgung und innovative Forschung. Gesundheitsdaten ermöglichen personalisierte Therapien, beschleunigen Medikamentenentwicklung und stärken die Qualität der Behandlung. Damit dieser Fortschritt in der Schweiz Realität wird, braucht es Vertrauen, klare Regeln und den Mut, Digitalisierung konsequent voranzutreiben.
Unser Gesundheitssystem wird – getrieben unter anderem durch den demographischen Wandel und technologischen Fortschritt – immer komplexer und teurer. Ein Hebel für die Abfederung dieser Entwicklung liegt in der digitalen Transformation. Sie kann administrativen Aufwand verringern, mehr Effizienz, Patientenzentrierung und eine verbesserte Transparenz über Behandlungsqualität bringen. Ein datenbasiertes Gesundheitssystem kann administrativen Aufwand reduzieren, indem Patientendaten jeweils nur einmal erfasst werden und Patienten-Informationen den verschiedenen Leistungserbringern ohne Medienbrüche verfügbar gemacht werden. Es verbessert die Effizienz, in dem Informationen zum Behandlungsverlauf schneller zugänglich sind, aber auch Doppelspurigkeiten, wie zum Beispiel die doppelte Erhebung eines Blutbilds bei verschiedenen Leistungserbringern, vermieden werden. Die konsequente Messung und Vergleichbarkeit von Behandlungsqualität wirken sich positiv auf die Qualität der Versorgung im Schweizer Gesundheitswesen aus.
Personalisierte Medizin und Innovation basieren auf einer guten Datengrundlage. Für zukunftsgerichtete Forschung und Entwicklung an neuen innovativen Medikamenten braucht es deswegen ein funktionierendes Gesundheitsdatenökosystem und Offenheit für neue Technologien im Forschungsbereich. Gleichzeitig muss die Relevanz der digitalen Transformation für den Standort Schweiz erkannt werden. International ist er bei der Digitalisierung bereits im Hintertreffen. Dabei ist es wichtig, kontinuierlich in Forschung und Innovation zu investieren: Das ist der Trumpf der Schweiz im internationalen Wettbewerb. Bei der Digitalisierung müssen wir zwingend besser und schneller werden.
Wie forscht die Pharmaindustrie mit Daten?
Die Pharmaindustrie hat eine umfangreiche Expertise in der Sammlung, Analyse und Nutzung von Gesundheitsdaten – aus klinischen Studien und der Kooperation mit externen Datenbanken. Ein bedeutender Aspekt dieser Expertise ist die Fähigkeit, Daten sicher und verantwortungsvoll zu verwalten, wobei strenge Datenschutzrichtlinien eingehalten werden. Die Verfügbarkeit und Nutzbarmachung von «Real World Data» aus der Versorgung kann den pharmazeutischen Forschungs- und Entwicklungsprozess an verschiedenen Stellen unterstützen. In klinischen Studien zum Beispiel, in denen eine neue Therapie gegen den aktuellen Standard of Care getestet wird, können mit «Real World Data» angereicherte digitale Vergleichsarme genutzt werden, sodass Studien keine Placebo-Vergleichsgruppe benötigen. Die etablierte Therapie wird anhand der bestehenden «Real World Data» bereits behandelter Patient:innen analysiert und dann verglichen. Auch nach der Zulassung eines Medikaments können die echten Behandlungsdaten nützlich sein. Sie geben Aufschluss über etwaige seltene unerwünschte Nebenwirkungen, die im kontrollierten Studiensetting mit kleinen Patientenzahlen nicht zum Vorschein gekommen sind, oder könnten als Grundlage für die Erweiterung von Indikationen dienen. Früh im Forschungszyklus wird in der pharmazeutischen Forschung bereits Künstliche Intelligenz zur Analyse grosser Datenmengen eingesetzt. Dies aber nicht bei Daten aus der Versorgung, sondern beispielsweise zur Identifikation von Zielmolekülen – besonders bei Erkrankungen, die noch wenig erforscht oder sehr selten sind. Algorithmen für maschinelles Lernen werden zur Prognose von Krankheitsverläufen, Therapieansprechen oder Nebenwirkungsrisiken angewendet.
Was brauchen wir jetzt?
Neben dem nachhaltigen Aufbau von gemeinsam nutzbarer Infrastruktur, einer tragfähigen Governance, gemeinsamen Datenstandards und einem konstruktiven rechtlichen Rahmen, muss das Vertrauen in das Gesundheitssystem gestärkt werden. Untersuchungen zeigen, dass dies möglich ist, wenn durch Infrastruktur (z.B. Nationale Datenkoordinationsstelle), Qualität (z.B. Standards) und klare Regeln (z.B. Opt-Out) die richtigen Leitplanken gesetzt werden. Die breite Bevölkerung ist ausserdem bereit, ihre Daten zu teilen, wenn ihre Anliegen – wie zum Beispiel der Datenschutz – adressiert werden. Bei den laufenden Arbeiten sind die Bedürfnisse der Akteure einzubeziehen und ihr Beitrag für Versorgung und Gesundheit der Bevölkerung zu berücksichtigen.
Weiterführende Informationen
Paola Daniore, Federica Zavattaro, Felix Gille (2024): Public Trust in a Swiss Health Data Space. Online.
Flurina Pletscher, Karin Mändli Lerch, Dominik Glinz (2022): Willingness to share anonymised routinely collected clinical health data in Switzerland: a cross-sectional survey. In: Swiss Medical Weekly. Online.
Georg Därendinger
Leiter Kommunikation
+41 79 590 98 77
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