13. Juli 2020
«Der wohl produktivste Life-Sciences-Standort der Welt»
Interpharma, der
Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, hat die drei
regionalen Schweizer Pharma-Cluster mit ihren Zentren in Basel, Zug und am
Genfer See näher untersucht und gemeinsam mit seinen Mitgliedern vor dem
Hintergrund der aktuellen Gesundheitskrise Beiträge in fünf Bereichen
formuliert, mit dem Ziel, die Attraktivität des Pharmastandorts beizubehalten,
so dass die Branche auch in Zukunft – wie in den vergangenen zehn Jahren – ein
Drittel zum Schweizer Wirtschaftswachstum beitragen kann. René Buholzer,
Geschäftsführer von Interpharma, äussert sich im Interview zu den
Herausforderungen der Branche im aktuellen Covid-19-Umfeld.
René Buholzer, Interpharma hat
mit seinen Mitgliedern die Debatte um die zukünftige Ausgestaltung des
Gesundheitssystems und des Pharmastandorts Schweiz lanciert. Was waren die
Gründe hierfür?
Die Schweiz und die
Pharmaindustrie gehen seit Jahrzehnten gemeinsam einen erfolgreichen Weg:
Attraktive wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie der Schutz des geistigen
Eigentums oder das fiskalische Umfeld haben die beeindruckende Entwicklung der
forschenden Pharmaindustrie begünstigt. Gleichzeitig trägt die Pharmabranche
als wichtiger Pfeiler der Wirtschaft überdurchschnittlich zum Wohlstand der
Schweiz bei. Nach der ersten Phase der Krisenbewältigung warten nun in einer
durch den Virus geprägten neuen Normalität grosse Herausforderungen und Chancen
auf Politik und Gesellschaft und damit auch den Pharmastandort Schweiz. Dies
nicht zuletzt auch deshalb, weil das Ausland die Bedeutung einer
wertschöpfungsintensiven Pharmaindustrie gerade in Krisenzeiten erkannt hat und
sich aktiv um eine Stärkung seines Standorts bemüht. Basierend auf unserem
Strategiepapier «Pharmastandort 2030» haben wir unsere zentralen Beiträge in
fünf Bereichen kristallisiert.
Die Pharmaindustrie in der
Schweiz ist stark in den Regionen verankert. Wodurch zeichnen sich die
einzelnen Cluster aus?
Im traditionsreiche Life-Sciences-Standort
Basel hat sich die reale Wertschöpfung in den letzten zehn Jahren verdoppelt
und die Beschäftigung ist um rund 6’000 Stellen gestiegen. Heute ist Basel der
wohl produktivste Life-Sciences-Standort der Welt. Aufgrund der hervorragenden
Standortfaktoren hat sich der Cluster Zürich-Zug-Luzern-Schaffhausen zu einem
Zentrum für Medizinaltechnik und zu einem in Europa beliebten Standort für
internationale und europäische Headquarters für Pharma und Biotech entwickelt.
In der Westschweiz schliesslich entstand seit Anfang der 2000er Jahre ein
äusserst dynamisches Ökosystem rund um Biotechnologien. Es ist die Heimat von
fast 1’000 in den Life-Sciences tätigen Unternehmen, von Start-ups bis hin zu
multinationalen Konzernen, Inkubatoren und 20 Forschungsinstituten und
Hochschulen. Insgesamt 25’000 Menschen sind im Life-Sciences-Umfeld beschäftigt
und die Region ist neben Cambridge und Oxford in England eines der drei
grössten europäischen Zentren in diesem Sektor. Daneben sind in der Schweiz
noch zwei kleinere Pharma-Cluster im Tessin und im Wallis auszumachen.
Welche Rolle spielen bei der
Entwicklung der regionalen Pharma-Cluster die Hochschulen?
Aus der Forschung ist bekannt,
dass erstklassige Hochschulen bei der Entwicklung und der Herausbildung lokaler
Cluster eine zentrale Rolle spielen. In den letzten Jahren haben viele
internationale und europäische Pharmaunternehmen ihren Hauptsitz in der Region
Zürich-Zug angesiedelt. Mit der ETH hat die Region eine der besten Hochschulen
weltweit, welche zu einer dynamischen Start-up Szene geführt hat. Die Dynamik
des Pharma-Clusters am Genfersee ist nicht zuletzt auf die EPFL und den damit
verbundenen zahlreichen Forschungsprojekten zurückzuführen wie dem «Human Brain
Project» oder dem «Campus Biotech». Auch das CERN steht für exzellente
Forschung in der Region. Die Universität Basel wie auch der lokale ETH-Ableger
spielen im Verbund mit den Forschungsabteilungen unserer Pharma-Mitglieder in
der Region Basel eine zentrale Rolle, wenn es um Wachstum und Innovation geht.
Umso wichtiger ist es, dass die Schweizer Hochschulen auch weiterhin an
europäischen Forschungsprogrammen teilnehmen können und der freie Austausch von
Personen und Wissen weiterhin möglich ist.