8. Oktober 2025
René Buholzer über Trumps corporate deals
Im Interview mit Euractiv äusserte sich IPH-CEO René Buholzer zu der Pharmapolitik der USA. Den Beitrag kann man hier im Original lesen.
Waren Sie überrascht, von dem Deal, den Pfizer mit der US Administration abgeschlossen hat, der Pfizer im Gegenzug für niedrigere Preise in den USA von Zöllen befreit?
Buholzer: Naja, Trump hatte die 17 Firmen individuell angeschrieben, es gab individuelle Gespräche – von daher habe ich so etwas erwartet. Und es war klar, dass jetzt etwas kommen muss, weil er zum 1. Oktober 100 Prozent Zölle angedroht hatte, falls die Unternehmen ihre Preise in den USA nicht senken.
Aber ich habe das Gefühl, ihre Branche kaut noch an dieser neuen Art, wie Trump nun die Zollfrage und die Preisfrage miteinander verknüpft hat.
Ja, auf jeden Fall. Wobei, die Zölle und die Preise immer noch unterschiedliche Stoßrichtungen haben. Die Zölle sollen dafür sorgen, die Produktion nach Amerika zu holen, was ja auch funktioniert hat, wenn man sich die Ankündigungen der Firmen anschaut. Es wird künftig immer mehr in Amerika für Amerika produziert.
Die andere Geschichte ist die Most Favoured Nation-Order, die Preise in den USA auf das Niveau des günstigsten westlichen Landes senken soll. Da ist die große Frage, was das für die Versorgung europäischer und insbesondere Schweizer Patienten bedeutet.
Medikamente werden teurer oder kommen gar nicht auf den Markt?
Genau. Für die Schweiz ist das ein spezielles Problem. Unsere Preise für innovative Medikamente sind eher günstig. Würde die Schweiz für die USA zu einem Referenzland, hielte das Firmen ab, hier Medikamente zu lancieren – aus Angst, dass der niedrige Preis auch in den USA gelten würde. Das ist auch ein Problem für die EU, aber wir Schweizer haben ein doppeltes Problem mit Trumps Pharmapolitik.
Weil Pharma so wichtig für die Wirtschaft ist?
Von allen Schweizer Exporten liegt der Pharmaanteil bei 40 Prozent, und wiederum 28% davon gehen in die USA. Die Industrie leistet einen sehr großen Beitrag zum Wohlstand in diesem Land.
Wie schwer kann denn die Schweizer Pharmaindustrie die Trump-Politik treffen?
Also in Sachen Zöllen haben wir nach wie vor nicht mehr als den Post von Truth Social. Grundsätzlich ist meine Lesart, dass Novartis und Roche davon nicht betroffen sind, sie haben ja sehr große Investments angekündigt. Wir haben aber natürlich auch gerade in der Biotechbranche noch mehr relevante Player, die das betrifft, wir wissen allerdings noch zu wenig, um das final beurteilen zu können.
Fühlen Sie sich als Lobby ausgehebelt, nun, da Trump direkt mit Firmen verhandelt?
Übergangen ist das falsche Wort. Trump macht Machtpolitik und der klassische Spruch dazu lautet: Divide et impera, teile und herrsche. Ein Grund ist wohl, dass die Rechtsgrundlage für seine Executive Order zu den Most Favorite Nation-Preisen nicht ganz so sicher ist, bilaterale Vereinbarungen dagegen schon. Das ist für die Verbände eine Herausforderung, aber auch für die Unternehmen.
Apropos bilateral: Treibt die amerikanische Politik die Schweiz in die Arme der EU?
Das ist eine schwierige Frage. Der Handel mit Amerika ist in den letzten Jahrzehnten in der Schweiz enorm gestiegen, nicht nur mit Pharma. Jetzt sind wir mit 39 Prozent Zöllen abgestraft worden, und da mehren sich Stimmen, die sagen, wir müssen näher an die EU rücken. Demnächst kommt der Entwurf für das neue Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz ins Parlament, dann muss allerdings noch das Volk abstimmen. Das dauert ungefähr zwei Jahre – angesichts des abnehmenden Halbwerts politischer Sicherheit eine Ewigkeit.