2012 hat es im stationären Bereich einen grossen Umbruch gegeben: Seit diesem Jahr werden Spitäler nicht mehr über Tagespauschalen finanziert, sondern über ihre Leistungen für Patienten. Vor 2012 wurden die gleichen Leistungen je nach Kanton unterschiedlich vergütet. Heute erfolgt die Vergütung über national einheitliche Tarife, die sogenannten diagnosebezogenen Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG). Die Swiss DRG AG, eine gemeinsame Institution der Leistungserbringer, der Versicherer und der Kantone, ist verantwortlich für die Einführung, Weiterentwicklung und Pflege der stationären Tarifstrukturen. Mit dem Swiss DRG werden die Leistungen nach der Haupt- und den Nebendiagnosen, dem Schweregrad und weiteren Kriterien sowie den durchgeführten Behandlungen in Fallgruppen klassifiziert. Für jede Fallgruppe ergibt sich eine Fallpauschale, die von der Krankenversicherung vergütet wird.
Das Ziel dieses Systems ist es, mehr Transparenz herzustellen, die Wirtschaftlichkeit zu fördern und bisherige Fehlanreize zu korrigieren. Weil nur noch die erbrachten Leistungen vergütet sind, werden Ressourcen bedarfsgereicht und effizienter eingesetzt. Die Finanzierung über Fallpauschalen hat aber auch seine natürlichen Grenzen.
Flankierende Massnahmen notwendig
Medizinische Behandlungen können selbst bei einem optimal ausdifferenzierten System nicht in allen Bereichen perfekt abgebildet werden. Bei medizinischen Innovationen und Therapien entstehen systematische Finanzierungslücken, denn bis ein neu eingeführtes Medikament oder eine neu eingeführte Behandlungsmethode im Fallpauschalensystem berücksichtigt und abgegolten wird, vergehen rund fünf Jahre. Auch Behandlungen für kleine Gruppen von Patienten, die nur in wenigen spezialisierten Kliniken durchgeführt werden können, verzerren die sogenannten Fallgruppen und haben eine Unterfinanzierung in den spezialisierten Kliniken und eine Überfinanzierung in den übrigen Kliniken zur Folge. Um den allgemeinen und raschen Zugang zu Therapien zu gewährleisten, sind deshalb zusätzliche Abgeltungen für neue Untersuchungs-und Behandlungsmethoden wichtig. Ohne solche flankierenden Massnahmen beispielsweise über Zusatzentgelte käme es zu einem verzögerten und regional unterschiedlichen Zugang zu neuen Therapien.
Spital- und Behandlungswahl
Mit der freien Spitalwahl, die 2012 mit der Spitalfinanzierung eingeführt wurde, können Grundversicherte ihr Spital grundsätzlich frei wählen. Im heutigen System der dualen Spitalfinanzierung beteiligen sich die öffentliche Hand (Kantone/Gemeinden) und die Krankenkassen getrennt und teilweise unabhängig voneinander an der Finanzierung des stationären Bereichs. Die Kantone zahlen mit ihren Steuereinnahmen 55 Prozent der stationären Kosten, 45 Prozent werden von den Krankenversicherern über Prämien vergütet.
Mit diesem System ergeben sich jedoch Fehlanreize in der Behandlungswahl: Da die Kantone 55 Prozent der Kosten im stationären Bereich übernehmen und nur 45 Prozent davon durch Krankenversicherer und damit durch die Prämienzahlenden vergütet werden, ist die Wahl einer stationären Leistung für die Versicherer attraktiver. Denn ambulante Behandlungen – die oft medizinisch möglich und kostengünstiger sind – werden zu 100 Prozent über Prämien finanziert. Mit der einheitlichen Finanzierung von stationären und ambulanten Gesundheitsdienstleistungen, die zurzeit im Parlament beraten wird, würden diese Fehlanreize wegfallen. Es würde attraktiver, die oft medizinisch gleichwertige ambulante Behandlung zu wählen, was sich positiv auf die Gesamtkosten auswirken würde.
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