Überarbeitung der allgemeinen EU-Arzneimittelvorschriften - Europa muss als Forschungs- und Produktionsstandort attraktiv bleiben - Interpharma

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24. November 2023

Überarbeitung der allgemeinen EU-Arzneimittelvorschriften – Europa muss als Forschungs- und Produktionsstandort attraktiv bleiben

Mit einer umfassenden Gesetzesrevision plant die EU-Kommission den Standort für die Pharmaindustrie zu stärken und Patientinnen und Patienten in Europa einen raschen und breiten Zugang zu innovativen Medikamenten zu sichern. Während die Grundideen des verbesserten Patientenzugangs und der Förderung des Forschungsplatzes Europa richtig und wichtig sind, sind die vorgeschlagenen Massnahmen und deren Umsetzung international hoch umstritten. Der Europäische Verband der Pharmazeutischen Industrien und Verbände (EFPIA) hat am 6. November 2023 eine neue Studie veröffentlicht, in der die Auswirkungen der Überarbeitung der allgemeinen EU-Arzneimittelvorschriften auf Europas Wettbewerbsfähigkeit, die Zukunft des innovativen Life-Science-Sektors und die Patientenversorgung untersucht wurden.

Die Studie zeigt, dass die beabsichtigte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der pharmazeutischen Industrie durch die Massnahmen der Kommission nicht erreicht wird. Im Gegenteil: Die Studienautoren gehen davon aus, dass ein Drittel der europäischen Forschungsausgaben bis 2040 wegfallen werden. Fast jedes fünfte Produkt wird nie fertig entwickelt und nur gerade 1 von 10 Projekten, die auf Unterlagenschutz, also den Schutz von Studiendaten gegen die Nutzung durch Dritte bei der Einreichung von Zulassungsanträgen, angewiesen sind, sollen in der EU überhaupt noch rentabel sein.

Sollten sich die Analysen der Studie tatsächlich bewahrheiten, wird die Gesetzesrevision in Europa den Abwärtstrend des europäischen Forschungs- und Produktionsstandortes nicht brechen, sondern noch beschleunigen und den Abstand zu führenden Nationen wie USA, China und Japan vergrössern. Aber auch für Patientinnen und Patienten dürfte die Gesetzesrevision negative Auswirkungen haben. Wird der Schutz des Geistigen Eigentums und der Unterlagenschutz in Europa geschwächt, führt das nicht dazu, dass mehr neue Medikamente schneller auf den Markt kommen. Vielmehr werden Unternehmen aufgrund verringerten Forschungsausgaben nicht nur weniger innovative Therapien entwickeln, sondern diese auch erst später auf den europäischen Markt bringen und zuerst andere Länder bedienen, die einen angemessenen Patent- und Unterlagenschutz bieten. Das eigentliche Ziel der Gesetzesrevision, die Bevölkerung breit und rasch mit den neusten Innovationen im Gesundheitsbereich zu versorgen, wird mit den vorgeschlagenen Massnahmen mehr als verfehlt.

Was bedeutet das für die Schweiz?

Die EU-Strategie betrifft primär den Arzneimittelmarkt der Europäischen Union. Dennoch werden die vorgeschlagenen Massnahmen auch für die Schweiz Konsequenzen haben, da die internationale Forschungszusammenarbeit in der EU an Bedeutung verliert und Europa nicht mehr mit den globalen Forschungszentren mithalten kann. Die Revision beinhaltet aber auch Änderungen in Bereichen, welche Bestandteil des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU über die gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertung (MRA) sind. Der Produktionsstandort Schweiz verliert im Bereich der Pharmazeutischen Industrie an Attraktivität, wenn Teile des Abkommens nicht mehr aktualisiert werden.

Die Schweiz ist daher gut beraten, die Revision der EU genau zu prüfen und jene Veränderungen, die die Innovationskraft der Schweiz mindern frühzeitig zu antizipieren und entsprechend Massnahmen zu ergreifen. Angesichts des grossen Risikos bei der Anerkennung der Konformitätsbewertungen sollte die Schweiz als oberstes Ziel die Erhaltung der bestehenden bilateralen Abkommen anstreben, um die Konkurrenzfähigkeit ihrer bedeutendsten Exportbranche zu gewährleisten. Gleichzeitig sollten jene Massnahmen der EU, die tatsächlich zu einer Verbesserung der Attraktivität der Pharmastandorte Europa und Schweiz führen, übernommen und international harmonisiert werden.  

Interpharma wird die Überarbeitung sowohl im Rahmen ihrer aktiven Beteiligung am europäischen Dachverband EFPIA als auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Schweiz eng verfolgen und fortlaufend analysieren. Unser Ziel ist es, durch eine intensive Zusammenarbeit und den Dialog mit sämtlichen beteiligten Parteien sicherzustellen, damit die Schweizer Pharmaindustrie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten kann.

Georg Därendinger

Mitglied der Geschäftsleitung / Leiter Kommunikation

+41 79 590 98 77

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Interpharma ist der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz und wurde 1933 als Verein mit Sitz in Basel gegründet.

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