Normalerweise erhalten Patientinnen und Patienten in der Schweiz ein bestimmtes Arzneimittel von der obligatorischen Krankenkasse (OKP) vergütet, wenn dieses auf der sogenannten Spezialitätenliste aufgeführt ist. Für dringende Fälle gibt es aber ein Notventil, damit die Behandlung gedeckt werden kann: Artikel 71a-d der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV). Ist ein Arzneimittel oder eine bestimmte Indikation nämlich nicht auf der Spezialitätenliste aufgeführt, kann der behandelnde Arzt eine Vergütung im Einzelfall beantragen, welche die Krankenkasse von Fall zu Fall beurteilt. Dieser Artikel war schon für viele Patientinnen und Patienten die Rettung in letzter Minute.
Der Artikel 71a-d KVV ist eine Erfolgsgeschichte: Durch ihn können zahlreiche Schweizer Patientinnen und Patienten von einem Zugang zu medizinisch notwendigen Therapien profitieren, auch wenn beispielsweise eine Indikation nicht von der Arzneimittelbehörde Swissmedic zugelassen ist (dies wird gemeinhin als «off-label use» bezeichnet). Ausserdem kann über Artikel 71 auf einfache Weise ein noch nicht von Swissmedic zugelassenes Arzneimittel vergütet werden.
Von Beginn weg wurde zwischen der forschenden Pharmaindustrie und den Krankenversicherern an pragmatischen Lösungen für die Patienten gearbeitet, diese umgesetzt und weiterentwickelt, denn für alle Beteiligten war klar, dass hier die Patientinnen und Patienten im Zentrum stehen müssen. Der Artikel 71a-d KVV ist entsprechend aus der Schweizer Patientenversorgung –insbesondere auch in der Onkologie – nicht mehr wegzudenken.
Gemäss Artikel 71a-d KVV ist im Einzelfall die Kostenübernahme eines Medikaments ausserhalb der Zulassung von Swissmedic oder eines nicht auf der Spezialitätenliste aufgeführten Medikaments nur dann möglich, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
Seit seiner Einführung hat sich der Artikel 71a-d dynamisch entwickelt. Gemäss dem vom BAG im Jahr 2013 in Auftrag gegebenen Monitoring wurden in der Periode vom 1. März 2011 bis zum 30. Juni 2013 pro Jahr rund 6’000 bis 8’000 Gesuche bei den Krankenversicherern eingereicht. Aktuelle Schätzungen gehen von jährlich rund 25’000 Gesuchen um Kostenübernahme nach Artikel 71a-d KVV aus– alles Einzelfälle, hinter denen ein menschliches Schicksal steht. Gleichzeitig betreffen trotz dieser steigenden Zahlen die Artikel 71a-d KVV-Fälle nur einen Bruchteil aller Kostengutsprachen für Medikamente in der Schweiz. Über 99 Prozent aller Vergütungen für Medikamente und Indikationen finden nach wie vor auf dem ordentlichen Weg statt.
Mit Blick auf die rasante Entwicklung in der biopharmazeutischen Forschung (z.B. personalisierte Medizin oder Gentherapien) spielt der flexible Artikel 71 a-d KVV auch in Zukunft eine entscheidende Rolle beim Patientenzugang in der Schweiz. Damit die Erfolgsgeschichte bestehen bleibt und um den Artikel 71a-d KVV zukunftsfähig zu machen, braucht es jedoch einige wohlbedachte Massnahmen. Dabei ist die Regelung punktuell in Bezug auf Zugangsgerechtigkeit und Prozesseffizienz zu verbessern sowie auf die zukünftigen Entwicklungen auszurichten.
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