Serie Gesundheitsdatenökosystem Teil 5: Das Daten-Fundament ist ein öffentliches Gut - Interpharma

Beitrag teilen auf:

4. Juni 2021

Serie Gesundheitsdatenökosystem Teil 5: Das Daten-Fundament ist ein öffentliches Gut

Der Nutzen eines vernetzten Gesundheitsdatenökosystems für die Gesellschaft ist immens – vor allem langfristig. Aber es ist auch klar: Es braucht Ressourcen. Hier sind Staat und Private gefordert. Die Finanzierung des Systems ist auch eine der Herausforderungen im rechtlichen Rahmen – aber nicht die Einzige.

Dass ein vernetztes Gesundheitsdatenökosystem viele Gemeinsamkeiten mit einer Autobahn hat, haben wir bereits diskutiert (Lesen Sie dazu den Blogbeitrag 2, unten). Jetzt kommt eine weitere hinzu: Wie eine Autobahn ist auch die grundlegende Infrastruktur des Gesundheitsdatenökosystems ein öffentliches Gut. Alle sollen es nutzen können, solange sich an die gemeinsamen Regeln halten.

Das legt nahe, dass wie bei der Autobahn auch der Staat die Grund-Finanzierung des Aufbaus und Unterhalt übernimmt, zumal er auch der geeignetste Akteur ist, die Infrastruktur zu orchestrieren. Das bedeutet aber nicht, dass er diese Infrastruktur unentgeltlich zur Verfügung stellen muss. Denkbar wäre, wie bei der Autobahnvignette, eine Abgeltung über Gebühren der Nutzer. Aber eine nachhaltige Finanzierung hört hier nicht auf, es braucht auch Investitionen von Privaten, in Technologie, eigene Infrastrukturen und den Aufbau von Talenten (Siehe Blog 4, unten). Diese Investitionen bedingen Anreize, was zu den Anforderungen an den rechtlichen Rahmen des Gesundheitsökosystems überleitet.

Rechtsrahmen muss vier Kriterien erfüllen

Ein förderlicher rechtlicher Rahmen für ein Gesundheitsdatenökosystem erfüllt vier Kriterien: Er schützt die sensiblen Gesundheitsdaten, er setzt keine unverhältnismässigen Hürden für das Erheben und Teilen von Daten, er ist transparent beziehungsweise zeigt klar auf, wie Daten genutzt werden können, und er schafft Anreize, Daten strukturiert zu erfassen und zu teilen.

Das erste Kriterium ist erfüllt in der Schweiz – wir haben einen robusten Datenschutz. Beim zweiten Punkt wird es etwas komplizierter, auch gekoppelt an das dritte Kriterium. Grundsätzlich wäre vermutlich schon heute rechtlich viel mehr möglich, als dass tatsächlich gemacht wird. Das Problem ist: Zwar untersagt zum Beispiel die Gesetzgebung Elektronisches Patientendossier (EPDG) nicht explizit, dass Forscher Daten aus dem Patientendossier weiterverwenden dürfen. Es erlaubt es aber auch nicht oder nennt die Bedingungen dafür. Mit anderen Worten: Es fehlt die rechtliche Grundlage. Auch für die Weiterverwertung von Daten aus anderen Spuren der Daten-Autobahn, zum Beispiel Krankheitsregistern, ist nicht geregelt. Hierzu bräuchte es Bestimmungen in Spezialrecht, das geschaffen werden müsste. Einzig das Humanforschungsgesetz könnte als Grundlage für EPD-Daten gebraucht werden. Das betrifft jetzt die Forschung. Aber wenn zum Beispiel die Kantone für Massnahmen der öffentlichen Gesundheit Daten aus dem EPD nutzen wollen, müssten sie erst eine kantonale rechtliche Grundlage dafür schaffen. Kurzum: Es droht, ein rechtlicher Wirrwarr zu entstehen, bei dem am Ende zwar die Weiterverwendung von Daten erlaubt wäre, aber es niemand macht, weil er den Überblick verloren hat. Eine Lösung wäre deshalb ein Datennutzungsgesetz. Finnland hat ein solches als Grundlage für sein Gesundheitsdatenökosystem Kanta.

Es braucht Anreize, um Daten zu strukturieren

Der vierte Punkt betrifft die Anreize. In der Schweiz werden viele Gesundheitsdaten zwar erfasst, aber nicht strukturiert, also so aufbereitet, dass Forscher sie nutzen könnten. Dass die doppelte Freiwilligkeit im EPDG abgeschafft werden soll, also auch Hausärzte künftig das Dossier führen sollen müssen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es braucht aber noch mehr Anreize – und das ist ein Beispiel für die Forderung nach einem kohärenten Plan zu den sechs Handlungsfeldern. Es reicht nicht, dass es technische Standards zur Strukturierung von Daten gibt (Siehe Blog 2, unten)). Denn dass die vielen an sich wertvollen Gesundheitsdaten wie Rohlinge brachliegen, eben nicht strukturiert werden, liegt vor allem auch an einem: Leistungserbringer erhalten dafür keine Abgeltung. Entsprechend gering ist auch die Bereitschaft, in die dafür notwendigen Technologien zu investieren. Mit Änderungen im Krankenversicherungsgesetz könnte das geändert werden. Wer nun an seine Prämie denkt, sollte sich bewusst sein: Eines der grossen Versprechen des Datenökosystems ist, dass das Gesundheitswesen dadurch transparenter und effizienter wird (Siehe Blog 1, unten) – und langfristig dadurch auch günstiger. Die Kosten des Systems werden mehr als nur gedeckt durch den nachhaltigen, gesellschaftlichen Nutzen.

Über uns

Interpharma ist der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz und wurde 1933 als Verein mit Sitz in Basel gegründet.

Interpharma informiert die Öffentlichkeit über die Belange, welche für die forschende Pharmaindustrie in der Schweiz von Bedeutung sind sowie über den Pharmamarkt Schweiz, das Gesundheitswesen und die biomedizinische Forschung.

Jahresbericht

Informationen zu unseren Kennzahlen und Aktivitäten im Geschäftsjahr 2023

mehr lesen

Board & Geschäftsstelle

Interpharma stellt sich vor

mehr lesen

Publikationen

Publikationen bestellen und herunterladen

mehr lesen

Vision & Mission

Mehr zu den Aufgaben und übergeordneten Zielen von Interpharma

mehr lesen

Kontakt

Setzen Sie sich mit uns in Verbindung

mehr lesen

Medien

Aktuelle Informationen und Medienkontakte für Medienschaffende

mehr lesen