Gesundheitsmonitor 2024: Blogbeitrag Teil 3 – Interview mit René Buholzer - Interpharma

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28. August 2024

Gesundheitsmonitor 2024: Blogbeitrag Teil 3 – Interview mit René Buholzer

Zum Interpharma Gesundheitsmonitor: Im Interpharma Gesundheitsmonitor werden Schweizer Stimmberechtigten Fragen rund um das Gesundheitswesen in der Schweiz gestellt. Die Studie wird von Interpharma jährlich seit 1997 bei gfs.bern in Auftrag gegeben. In einer mehrteiligen Blogserie werden die Kernthemen der diesjährigen Studie nochmals aufgegriffen und beleuchtet.

Interpharma-CEO Dr. René Buholzer äussert sich im Interview zu den Ergebnissen des Interpharma Gesundheitsmonitors 2024 – über die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Gesundheitsversorgung, aber auch die Kostenbelastung, über einen «Röstigraben» und den Wert von Gesundheitsdaten.

Herr Buholzer, geben Sie uns einen Überblick: was ist der Interpharma Gesundheitsmonitor und welchen Zweck erfüllt er?

Guten Tag! Gerne. Der Interpharma Gesundheitsmonitor ist eine seit 1997 jährlich durchgeführte Umfrage. Sie richtet sich an Schweizer Stimmberechtigte und erfragt ihre Meinungen und Einstellungen zum Gesundheitswesen in der Schweiz. Durchgeführt wird die Studie von gfs.bern im Auftrag von Interpharma. In einer aktuellen Blogserie beleuchten wir die Kernthemen der diesjährigen Studie nochmals detailliert.

Was sind denn die zentralen Erkenntnisse der diesjährigen Umfrage?

Die Studie zeigt, dass innovative Forschung als Grundlage für ein fortschrittliches Gesundheitswesen von den Befragten anerkannt wird. Die Menschen schätzen die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung, wissen aber auch, dass das ein Preisschild hat und mit hohen Forschungs- und Entwicklungskosten einhergeht. Eine Mehrheit der Bevölkerung ist damit einverstanden und bescheinigt der Pharmaindustrie hohe Kompetenz. Wir sehen aber auch, dass die Gesundheitskosten für einige Menschen in der Schweiz eine Belastung darstellen. Besonders auffällig ist der sogenannte «Röstigraben», der markante Unterschiede in der Wahrnehmung und den Einstellungen zwischen der Deutschschweiz und der Romandie zeigt.

Was hat es mit diesem «Röstigraben» auf sich? Wie wirkt er sich auf die Meinungen zur Gesundheitsversorgung aus?

Der «Röstigraben» zeigt sich in verschiedenen Aspekten des Gesundheitswesens. Beispielsweise ist der wahrgenommene Kostendruck in der Romandie deutlich höher als in der Deutschschweiz. Auch sehen wir in der französischsprachigen Schweiz eine größere Reformbereitschaft.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel sind Stimmberechtigte in der Romandie eher bereit, Leistungseinschränkungen bei der Gesundheitsversorgung in Kauf zu nehmen, wenn dadurch die Kosten gesenkt werden können. Dies ist in der Deutschschweiz klar weniger ausgeprägt, wo die Menschen stärker am bestehenden Leistungsstandard festhalten wollen.

Interessant. Gibt es einen solchen «Röstigraben» auch in Bezug auf die allgemeine Zufriedenheit mit dem Schweizer Gesundheitswesen?

Ja, tatsächlich. Insgesamt ist die Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen auch 2024 sehr hoch. Die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung wird besonders geschätzt, aber es gibt Unterschiede in der Wahrnehmung der Qualität zwischen den Regionen: 83% der Deutschschweizer oder 76% der Tessiner bewerten die Qualität mit «gut oder sehr gut», in der Romandie sind es jedoch nur 46%.

Die Befragten sind sich uneinig – wie steht es denn nun um die Qualität der Gesundheitsversorgung?

Das können wir aufgrund der Studie so nicht beantworten: Die Studie befragt die Stimmberechtigten zu ihren Einstellungen und Meinungen, und das sagt noch nichts über tatsächliche Qualitätsunterschiede aus. Es ist aber sicher möglich, dass es regionale Unterschiede gibt. Aber der Befund wirft ein Schlaglicht auf ein tieferliegendes Problem.

Nämlich?

Dass wir uns in der Schweiz im Blindflug befinden, was die Messung und Bewertung der Qualität im Gesundheitswesen betrifft. In der Schweiz sind Gesundheitsdaten zwar vorhanden, aber oft fragmentiert, nicht standardisiert und nicht digitalisiert, was ihre Nutzung schwierig macht. Die rechtlichen Grundlagen dafür sind noch immer ungenügend und schaffen vor allem Unsicherheit. Weil diese Daten fehlen, kann heute niemand ein wirklich objektives Urteil zur Qualität der Gesundheitsversorgung in der Schweiz abgeben, geschweige denn einzelne Leistungserbringer oder Regionen miteinander vergleichen. Das spüren die Leute. Doch obwohl politischer Konsens herrscht, dass die Digitalisierung des Gesundheitssystems enormen Mehrwert böte, gibt es bisher kaum Fortschritte. Daher überrascht es mich wenig, dass die Stimmbevölkerung laut dem Gesundheitsmonitor auch dafür ist, das Potenzial von Qualitätsdaten besser auszuschöpfen.

Was erhofft sich denn die Bevölkerung konkret davon?

Wir wissen aus der Studie seit vielen Jahren, dass die Stimmbevölkerung den Zugang und die Qualität im Gesundheitswesen höher gewichtet als die dadurch entstehenden Kosten. Auch die Abstimmungen vom 9. Juni 2024 haben das gezeigt. Doch es ist nur normal, dass man sich nicht die Katze im Sack kaufen will: Wenn ich fürs Gesundheitswesen viel bezahle, will ich auch sicherstellen, dass dessen Qualität gemessen, verglichen und stetig gesteigert wird. Und ich will Einblick haben in solche Daten. Denn es ist für mich als Patienten schon relevant, ob ich in ein Spital eingewiesen werde, das eine bestimmte Operation besonders erfolgreich durchführt – oder eben nicht. Entsprechend möchten 90% der Befragten die relevanten Qualitätsdaten eines Leistungserbringers vor einer Behandlung kennen, 79% befürworten den öffentlichen Zugang dazu und 77% wollen, dass Qualitätsdaten ein Entscheidungskriterium bei der Überweisung darstellen.

Und was muss geschehen, um dorthin zu kommen?

Um den internationalen Rückstand aufzuholen, muss die Schweiz in den Aufbau eines vernetzten Gesundheitsdatenökosystems investieren und ein kohärentes Programm auf den Weg bringen. Zudem braucht es einen klaren rechtlichen Rahmen für die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten. Dafür setzen wir uns von Interpharma im Parlament ein. Denn so kann der Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz langfristig gestärkt werden und die Bevölkerung kann darauf vertrauen, dass das Gesundheitswesen auch in Zukunft tatsächlich qualitativ hochstehend ist.

Dieser Beitrag ist Teil einer mehrteiligen Blogserie über das Gesundheitswesen in der Schweiz. Erfahren Sie mehr dazu im diesjährigen Interpharma Gesundheitsmonitor, der von Interpharma jährlich bei gfs.bern in Auftrag gegeben wird.

Zu Teil 1 der Blogserie

Zu Teil 2 der Blogserie

Georg Därendinger

Mitglied der Geschäftsleitung / Leiter Kommunikation

+41 79 590 98 77

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Interpharma ist der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz und wurde 1933 als Verein mit Sitz in Basel gegründet.

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