Die Patientinnen und Patienten gehören in den Mittelpunkt - Interpharma

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15. Februar 2024

Die Patientinnen und Patienten gehören in den Mittelpunkt

Die Schweiz hat Ende Oktober 2023 ein neues Parlament gewählt. Was die parteipolitische Zusammensetzung angeht, so erfuhr diese – nach einem fulminanten Gewinn der grünen Partei vor vier Jahren – eine Korrektur zu Gunsten der bürgerlich-konservativen Parteien. Turnusgemäss folgten nach den Parlamentswahlen Mitte Dezember die Bundesratswahlen, also die Wahl der sieben Regierungsmitglieder. Von der Pharmabranche mit Spannung erwartet wurde die Bekanntgabe der neuen Departementsleitung, die auf Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider gefallen ist. Auf sie warten im 2024 grosse Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Ebenfalls stimmen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Juni über zwei Initiativen ab, die potenziell stark mobilisieren und Aufmerksamkeit unserer Branche verlangen.

Der gleichberechtigte und schnelle Zugang zu allen – auch neuen – nötigen Therapien muss für alle Patientinnen und Patienten sichergestellt werden. Weiter gilt es, den Patientennutzen entlang des ganzen Patientenpfades konsequenter ins Zentrum zu stellen. Das Silodenken muss überwunden werden und die finanziellen Entschädigungen müssen viel stärker den Nutzen honorieren, als dies heute der Fall ist. Zudem braucht es Daten über das Resultat medizinischer Behandlungen beim Patienten, was die enorme Bedeutung einer schnelleren Digitalisierung des Gesundheitswesens in Erinnerung ruft. Die forschende Pharmaindustrie ist bereit, mit der neuen Departementsleitung in allen drei Prioritäten eng und konstruktiv zusammenzuarbeiten und einen Dialog aufzubauen, damit das Gesundheitswesen modernisiert werden kann, denn das ist dringender denn je.

Schneller und gleichberechtigter Zugang zu Innovationen

Heute ist ein schneller und gleichberechtigter Zugang zu innovativen Medikamenten für Patientinnen und Patienten in der Schweiz nicht mehr selbstverständlich. Es braucht eine umfassende Modernisierung der Prozesse, damit die Betroffenen rasch Zugang zu benötigten Therapien erhalten. Aktuell dauert es im Median 306 Tage zwischen der Zulassung durch Swissmedic, dem Schweizerischen Heilmittelinstitut, und der Aufnahme in die Grundversicherung. Eine sehr lange Zeit für jemanden, der dringend auf ein Medikament angewiesen ist und auch darauf, dass die Kosten dafür von der Krankenkasse abgegolten werden.

Interpharma setzt sich dafür ein, dass Patientinnen und Patienten ab dem Zeitpunkt der Swissmedic-Zulassung Zugang zu Therapien erhalten und hat entsprechende Vorschläge eingebracht. So schlägt Interpharma mit dem Rückvergüteten Innovationszugang (RIZ) vor, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Zeitpunkt der Swissmedic-Zulassung sofort einen vorläufigen, dem Auslandpreisvergleich (APV) entsprechenden Preis setzt und das Medikament in eine provisorische Liste aufnimmt. So hat das BAG mehr Zeit, um den definitiven Preis festzulegen. Die Preisdifferenz zwischen dem vorläufigen und dem definitiven Preis neuer Arzneimittel wird von der Herstellerfirma zurückerstattet. Das von der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) vorgeschlagene und in der Herbstsession 2023 von der grossen Kammer verabschiedete, ähnliche Modell ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Als zweite Kammer entscheidet als nächstes der Ständerat über dieses Geschäft. Wichtig sein wird die Präzisierung, welche Produkte ab dem Tag 0 vergütet werden sowie, zu welchem Preis. Interpharma setzt sich für einen Preis entsprechend dem Auslandpreisvergleich (APV) ein.

Vom Kostenfokus zur Resultatorientierung

Weiter muss in der Schweizer Gesundheitspolitik ein grundsätzliches Umdenken stattfinden: Weg von der Kostenfokus-Politik und hin zu mehr Fokus auf Qualität und Behandlungserfolge. Wie der «Economist» in einem Artikel von Ende Oktober 2023 aufzeigt, steigt in den OECD-Ländern der Anteil des Gesundheitswesens am Bruttoinlandsprodukt seit 2021 nicht mehr kontinuierlich an, sondern er fällt. Aktuell entspricht er in etwa dem Stand von 2008. Einen Grund dafür sieht der «Economist» in der – zumindest teilweisen – Verbesserung von administrativen Abläufen, so auch in der – wenn auch langsam voranschreitenden – Digitalisierung des Gesundheitswesens. Einen weiteren Grund wird in der Produktivitätssteigerung verortet, auch wenn der Gesundheitssektor nach wie vor sehr arbeitsintensiv ist. Insbesondere im technischen Fortschritt bzw. in der Innovationsfähigkeit sieht der «Economist» ebenfalls Gründe für abnehmende Kosten. So steht neben rein kurativen Behandlungen vermehrt die Prävention im Fokus, welche oft ein sehr viel besseres Preis-Leistungsverhältnis erzielt.

Für Interpharma ist klar: Der Patientennutzen gehört in jedem Fall an die erste Stelle. Dazu bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung des gesamten Behandlungspfades. Auch müssen Qualität und Patientennutzen definiert, gemessen und transparenter gemacht werden. Der Fokus sollte dabei auf Indikationsqualität und Outcomequalität liegen. So ermöglichen wir echten Qualitätswettbewerb und eine vernetzte Gesundheitsversorgung, in der Innovation sich lohnt. Das führt zu mehr Qualität, Effizienz und einer gesünderen Bevölkerung und zeitgleich zu weniger Fehlanreizen und Kosten.

Auch zwei Volksinitiativen (Änderung auf Verfassungsstufe) zielen auf die Kosten ab. Beide wollen die Bevölkerung finanziell entlasten, würden bei einer Annahme jedoch neue Fehlanreize mit sich bringen. Die eine Initiative fordert, dass kein Haushalt in der Schweiz mehr als 10 Prozent seines verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben muss. Die andere verlangt, dass Bundesrat, Bundesversammlung und Kantone eingreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark steigen. Das Parlament hat erkannt, dass die zwei Initiativen nicht zielführend sind und ihnen jeweils einen indirekten Gegenvorschlag (Änderung auf Gesetzesstufe) entgegengestellt, welche aus Sicht von Interpharma unterstützenswert sind.

Sekundärnutzung in einem Gesundheitsdatenökosystem unabdingbar

Heute nutzt die Schweiz das Wissen, welches in den klinischen (Real World) Daten schlummert, kaum. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet schleppend voran. Die Schweiz hat es vernachlässigt, eine Systemarchitektur vorzugeben, wie Daten standardisiert, ausgetauscht und vernetzt werden können. Das ist zum Nachteil für Patientinnen und Patienten, weil uns damit das Potential der personalisierten kurativen und präventiven Medizin vorenthalten wird. Auch ist es zum Nachteil für unser Gesundheitswesen, weil es einerseits Effizienzsteigerungen und damit das Kostendämpfungspotential nicht ausschöpft und anderseits die Chance verspielt, den Nutzen des Patienten von medizinischen Leistungen anstelle der Dienstleistung zu honorieren, ohne die Wirkung ersterer zu berücksichtigen. Und erst recht ist es zum Nachteil für die Schweiz, weil es fundamental auch um die Standortfrage für die Zukunft der Pharmaindustrie geht. Innovationen von heute und morgen basieren wesentlich auf Daten, dieses Potential muss endlich ausgeschöpft werden können. Dazu stehen wichtige Gesetzesrevisionen und die Umsetzung von DigiSanté, dem Programm des Eidgenössischen Departements des Innern zur Förderung der digitalen Transformation des Gesundheitswesens, an. Es gilt, gemeinsam einen funktionierenden Gesundheitsdatenraum aufzubauen. Deshalb setzt sich Interpharma seit einigen Jahren mit Nachdruck für ein Gesundheitsdatenökoystem ein.

Mehr zu unseren Forderungen hier.

Interpharma hat zudem erfolgreich mit dem eidgenössischen Parlament gearbeitet, damit der Bund ein Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten erstellt. Der Auftrag wurde im Juni 2023 an den Bundesrat überwiesen und liegt nun beim Bundesamt für Justiz.

Und Ende des vergangenen Jahres haben wir zusammen mit dem akademischen Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften FORS und der Swiss Data Alliance ein Inputpapier vorgelegt, wo wir die Anforderungen an ein solches Rahmengesetz aus Sicht der sozialwissenschaftlichen und pharmazeutischen Forschung festgehalten haben.

Im Sinne der Nachhaltigkeit und Effizienz unseres Gesundheitssystems muss der Bundesrat in diesem Jahr diesen Themen Priorität einräumen. Interpharma ist bereit aktiv und konstruktiv mit dem neuen Gesundheitsminister an der Umsetzung dieser Prioritäten zu arbeiten. Zum Wohle der Patientinnen und Patienten und des Schweizer Pharmastandortes.

Georg Därendinger

Mitglied der Geschäftsleitung / Leiter Kommunikation

+41 79 590 98 77

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Interpharma ist der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz und wurde 1933 als Verein mit Sitz in Basel gegründet.

Interpharma informiert die Öffentlichkeit über die Belange, welche für die forschende Pharmaindustrie in der Schweiz von Bedeutung sind sowie über den Pharmamarkt Schweiz, das Gesundheitswesen und die biomedizinische Forschung.

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