Die Schweiz und die USA haben ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Inspektionsergebnissen (GMP MRA) unterzeichnet. Es verringert administrative Hürden zwischen beiden Ländern und es stärkt den Handel und die Resilienz der globalen Lieferketten. Doch wie funktioniert das genau und was ändert sich konkret? Wir geben einen kurzen Überblick.
Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, sogenannte Mutual Recognition Agreements (MRA), sind ein handelspolitisch bedeutsames, im Rahmen der WTO anerkanntes Instrument zur Beseitigung von technischen Handelshemmnissen im staatlich regulierten Bereich. Sie ermöglichen den betroffenen Schweizer Produkten im Ausland einen möglichst ungehinderten Marktzugang (d.h. Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse wie technische Vorschriften, Arzneimittelrecht, usw.).
In Anbetracht des Handelsvolumens von Pharmaprodukten mit den USA, hat sich Interpharma für den Abschluss eines MRA im Bereich der guten Herstellungspraktiken (Good Manufacturing Practices, GMP) mit den USA eingesetzt. Denn die USA sind nach der EU der zweitwichtigste Handelspartner für die forschenden pharmazeutischen Firmen in der Schweiz (vgl. Grafiken). Die Verhandlungen liefen über das Jahr 2022 zwischen Swissmedic, dem Büro des United States Trade Representative (USTR), Swissmedic und FDA. Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 das sektorielle Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Inspektionsergebnissen zwischen der Schweiz und den USA genehmigt. Am 12. Januar 2023 unterzeichneten beide Seiten das Abkommen in Washington D.C.
Anforderungen an Zulassung bleiben unverändert
Durch das Abkommen werden nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut: Swissmedic und die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) verzichten nach intensiver Prüfung der Inspektionspraktiken des Partnerstaates darauf, Produktionsstätten von Arzneimittelherstellern im jeweils anderen Land zu inspizieren. Sie erhalten die Inspektionsergebnisse des Partners und bewerten die Qualität des Herstellungssystems der Herstellerfirmen auf dieser Grundlage. Die geltenden regulatorischen Anforderungen für die Zulassung der Arzneimittel in der Schweiz bzw. in den USA bleiben von dieser Vereinfachung unberührt – die Arzneimittelsicherheit bleibt gewährleistet.
Das Abkommen erleichtert den Handel zwischen den beiden Staaten, indem es den verbundenen finanziellen und administrativen Aufwand verringert: Die Inspektion einer Anlage bindet erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen eines Unternehmens – Solche Inspektionen können mehrere Tage in Anspruch nehmen und kosten schnell mehr als eine Million Franken [1]. Diese kostenintensiven gegenseitigen Inspektionen von Produktionsstätten in der Schweiz und den USA fallen nun weg. Die freiwerdenden Mittel können nach Abschluss des Abkommens zum Beispiel in die innovative Tätigkeit investiert werden.
Klärung der Beziehungen Schweiz-EU bleibt wichtig
Für die Versorgungssicherheit in der Schweiz ist das Abkommen eine Stärkung, da es zur Resilienz der globalen Lieferketten beiträgt. Zudem erhält die Schweiz im vom Abkommen betroffenen Bereich gleich lange Spiesse wie die EU und das Vereinigte Königreich, die bereits vergleichbare Abkommen mit den USA geschlossen haben. Daher ist das Abkommen gerade mit Blick auf das zunehmend schwierigere wirtschaftliche Umfeld und den immer härter werdenden internationalen Standortwettbewerb sehr bedeutsam.
Eine baldige Einigung in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ersetzt das aber keineswegs: Denn als Teil der Bilateralen I hat die Schweiz heute ein entsprechendes MRA-Abkommen auch mit der Europäischen Union. Als Konsequenz aus dem Schweizer Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen hat die EU-Kommission jedoch entschieden, das MRA nicht mehr aufzudatieren, bis eine Lösung für den bilateralen Weg gefunden ist. Das bedeutet: Sobald einer der Vertragspartner sein Recht weiterentwickelt, kommt es zur Erosion der betreffenden Kapitel im MRA. Aktuell besteht genau eine solche Situation, weil die EU ihre Arzneimittel-Gesetzgebung überarbeitet. Ohne eine rasche Klärung mit der EU läuft die Schweiz daher Gefahr, dass ihre Pharmaunternehmen schon in wenigen Jahren den ungehinderten Marktzugang verlieren.
[1] Costs were derived from EFPIA-calculation (Microsoft PowerPoint – _EFPIA 2020 Reg Inspection survey – public version – v1a.pptx), but adjusted to higher Swiss Labour Costs according to official Swiss statistics, EFPIA used labour costs of 60 Euro per hour, average costs in die Swiss Pharma-Sector (https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken/medienmitteilungen.assetdetail.13027122.html) so factor 1.6)
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