Das Gesundheitswesen soll leistungsfähig und finanzierbar bleiben. Die Volksinitiativen, die am 9. Juni zur Abstimmung vorliegen, begegnen diesen Herausforderungen aber mit untauglichen Ansätzen. Teil 2 dieser Serie zeigt auf, warum Interpharma die Prämien-Entlastungs-Initiative ablehnt.
von Dr. René P. Buholzer, CEO Interpharma
Die Prämien-Entlastungs-Initiative verlangt, dass niemand mehr als zehn Prozent seines verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien aufwenden muss. Die Folge des Begehrens: In Zukunft würde ein noch grösserer Teil der Bevölkerung als bisher gemeinschaftlich finanziert werden – direkt durch den Staat und somit indirekt durch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die Umverteilung würde unweigerlich zunehmen. Ob gerade dem Mittelstand damit geholfen wäre, ist fraglich. Denn auch wenn bei Annahme der Initiative niemand mehr als zehn Prozent seines Einkommens als Krankenkassenprämien leisten müsste – der höhere Staatsanteil müsste irgendwie gegenfinanziert werden. Das würde wohl in Form von Steuererhöhungen geschehen und ob das Geld am Ende des Monats durch Prämien- oder durch höhere Steuerrechnungen fehlt, ist fürs Portemonnaie des Einzelnen unerheblich, wenn auch mit anderer Umverteilung.
Am Trend bei den Gesundheitskosten würde sich derweil nichts ändern, im Gegenteil: Je grösser die Umverteilung und je undurchsichtiger das System, desto stärker dürfte die «Selbstbedienungsmentalität» Einzug halten und desto weniger Anreiz besteht für den einzelnen Versicherten, eine gewisse Selbstverantwortung oder Zurückhaltung beim Konsum von Gesundheitsleistungen an den Tag zu legen.
Hinzu kommt: Tatsächlich werden heute schon «nur» 36 % der Gesundheitskosten über die Kopfprämien abgedeckt. 23 % der gesamten Kosten werden vom Staat – und damit durch Steuerbeiträge – abgedeckt. Hinzu kamen 5,5 Mrd. Fr. für Prämienverbilligungen, die ebenfalls von Bund und Kantonen bezahlt werden. Damit gilt: Für jeden Franken, der den Krankenkassen in Rechnung gestellt wird, gibt der Staat rund 82 Rappen dazu[1].
Durch Subventionen und Steuerprogression steigen die Haushaltsausgaben für die Gesundheit mit zunehmendem Einkommen, während die einkommensschwächeren Schichten durch die Prämienverbilligungen entlastet werden. Das Beispiel des Kantons Waadt, wo der «Prämiendeckel» schon eingeführt wurde, zeigt: Weil infolge der Zehn-Prozent-Regel der Anspruch auf Prämienverbilligungen massiv ausgebaut wurde, sprengen die Kosten nun erst recht den Rahmen. Gleichzeitig ist eine Auswirkung auf die Höhe der Prämien ausgeblieben, während die Verwaltung aufgrund der Administrativlast an den Anschlag kommt.
Die Prämien-Entlastungs-Initiative stellt nach Ansicht von Interpharma keine Lösung des Finanzierungsproblems dar, sondern würde im Gegenteil einen falschen Anreiz schaffen. Es besteht heute keine Notwendigkeit, das System zu ändern: Interpharma unterstützt die ausgewogene Finanzierung der Grundversicherung durch Steuereinnahmen und Pro-Kopf-Prämien, kombiniert mit Prämienverbilligungen, die allen Bevölkerungsgruppen bezahlbare Prämien ermöglichen. Interpharma unterstützt jedoch den indirekten Gegenvorschlag. Er führt zu einer ausgewogenen Verteilung der Lasten der Prämienverbilligung zwischen Bund und Kantonen und zu einer Prämienverbilligung für die Versicherten.
[1] Quelle: Avenir Suisse (2023), https://www.avenir-suisse.ch/krankenkassen-kopfpraemie-ist-nur-die-spitze-des-eisbergs/
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