Blogserie Patientenzugang, Teil 3: Ein rückvergüteter Innovationszugang für einen rechtsgleichen und schnellen Zugang für alle Patientinnen und Patienten - Interpharma

Beitrag teilen auf:

3. Mai 2022

Blogserie Patientenzugang, Teil 3: Ein rückvergüteter Innovationszugang für einen rechtsgleichen und schnellen Zugang für alle Patientinnen und Patienten

Interpharma fordert, dass Patientinnen und Patienten ab dem Tag der Marktzulassung durch Swissmedic den Zugang zu innovativen Arzneimitteln über die Spezialitätenliste erhalten und hat dafür einen konkreten Lösungsvorschlag für die gemeinsame Diskussion entwickelt: Den rückvergüteten Innovationszugang. Dieser garantiert für Patientinnen und Patienten unverzüglichen Zugang zu innovativen Medikamenten mit hohem medizinischem Bedarf: Am Tag der Swissmedic-Zulassung setzt das BAG einen vorläufigen Preis und das Medikament wird in die Spezialitätenliste aufgenommen. Das BAG hat neu ein Jahr Zeit (anstelle der heutigen 60 Tage), um einen definitiven Preis festzulegen. Die Preisdifferenz zwischen dem vorläufigen und dem definitiven Preis neuer Arzneimittel wird von der Herstellerfirma zurückerstattet. So gewinnen alle: Die Patientinnen und Patienten erhalten sofort gleichberechtigt und unkompliziert Zugang, das BAG hat mehr Zeit für die Verhandlungen und die Pharmaunternehmen können ihre Innovationen schneller zu den Menschen bringen.

Im zweiten Teil unserer Serie haben wir beleuchtet, dass Patientinnen und Patienten in der Schweiz immer länger auf den Zugang zu innovativen Arzneimitteln warten müssen. Interpharma will die aus Patientensicht inakzeptable Situation beim Zugang zu neuen Medikamenten verbessern und hat einen konkreten Vorschlag zur Diskussion gestellt.

Pharmaindustrie akzeptiert eine Rückzahlungspflicht im Gegenzug für raschen und gleichberechtigten Patientenzugang

Kernelement unseres Vorschlags ist, dass zum Zeitpunkt der Swissmedic-Zulassung ein vorläufiger Preis durch das BAG gesetzt und das Medikament in die Spezialitätenliste (SL) aufgenommen wird. Damit wird es durch die obligatorische Grundversicherung vergütet und für Patientinnen und Patienten zugänglich. Das BAG hat danach neu ein Jahr Zeit (statt 60 Tage wie heute), um einen definitiven Preis festzulegen. Eine allfällige Preisdifferenz zwischen dem vorläufigen und dem definitiven Preis neuer Arzneimittel wird von der Herstellerfirma zurückerstattet. So gewinnen alle: Die Patientinnen und Patienten erhalten sofort gleichberechtigt und unkompliziert Zugang, das BAG hat 305 Tage mehr Zeit für die Verhandlungen und kann seine Verpflichtung wahrnehmen und die Pharmaunternehmen können ihre Innovationen schneller zu den Menschen bringen.

Im Fokus des rückvergüteten Innovationszugangs für Patientinnen und Patienten liegen neue innovative Therapien, die einen grossen Nutzen für Patientinnen und Patienten haben, einen hohen medizinischen Bedarf markieren und deshalb ein beschleunigtes Zulassungserfahren bei Swissmedic oder einer anderen führenden Zulassungsbehörde durchlaufen haben. Der Ansatz beinhaltet drei Säulen:

  1. Frühe Beratung
  • Im Rahmen einer frühen Beratung bestimmt das BAG die relevante Vergleichstherapie und gibt der Firma eine verbindliche Auskunft zum therapeutischen Quervergleich (TQV).[1]
  • Zur Bestimmung relevanter Vergleichstherapien werden Experten mit klinischer Erfahrung im relevanten Therapiegebiet sowie Swissmedic systematisch einbezogen.

2. Vorläufige Vergütung ab dem Tag der Swissmedic-Zulassung

  • Ein vorläufiger Preis wird festgesetzt. Dabei kann auf den gegenwärtig vorhandenen Auslandpreisvergleich (APV) abgestützt werden. Damit ist sichergestellt, dass die Schweiz einen Preis bezahlt, der sich an wirtschaftlich vergleichbaren Ländern orientiert.

3. Definitive Vergütung nach 365 Tagen – Industrie ist bereit, eine Rückzahlung zu akzeptieren

  • Die Verhandlungen sind innerhalb von 365 Tagen (anstatt 60 Tage wie heute) nach Marktzulassung abzuschliessen. Durch die frühzeitige Beratung wird gegenüber dem status quo über ein Jahr zusätzlicher Zeit für die Verhandlungen gewonnen – ohne, dass die Patienten darunter leiden.
  • Bei der Festlegung der Vergütung (Bestimmung Vergleichstherapien, relative Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Einschätzung zur klinischen Praxis) bezieht das BAG systematisch Swissmedic sowie Experten mit klinischer Erfahrung im relevanten Therapiegebiet ein.
  • Der definitive Preis gilt rückwirkend ab dem Tag der Marktzulassung und wird über eine Rückerstattung umgesetzt. Das heisst: Ist der definitive, vom BAG verfügte Preis für eine Arznei tiefer als der vorläufige Preis, erstattet die Herstellerfirma die entsprechende Preisdifferenz zurück. Somit besteht für die Krankenversicherung kein Risiko zu hoher Preise.
  • Sollten die Verhandlungen zwischen dem BAG und der Firma innerhalb eines Jahres zu keinem Ergebnis führen, wird, falls beide Seiten zustimmen, die Diskussion und Entscheidung an eine Schiedsstelle weitergezogen. Ein klar definierter endlicher Prozess soll allen Seiten Planungssicherheit geben.

Durch dieses Modell können jedes Jahr zahlreiche Dossiers mit einem grossen medizinischen Bedarf gelöst werden.[2] Dieser Prozess garantiert den Patientinnen und Patienten in der Schweiz erstens unverzüglichen Zugang zu Innovationen. Zweitens wird wertvolle Zeit gewonnen für die Preisfindung zwischen dem BAG und den Firmen. Drittens stellt der vorgeschlagene Prozess durch die Rückzahlungspflicht der Herstellerin sicher, dass die vergüteten Preise wirtschaftlich sind.

Interpharma hofft mit diesem konstruktiven Vorschlag, die seit Jahren für Patienten und Patientinnen untragbare Situation einer dringend nötigen Lösung zuzuführen. Wir laden alle Akteure ein, nun zügig gemeinsam eine Lösung zu finden.

Rückvergüteter Innovationszugang für Patientinnen und Patienten: Patientenzugang ab Tag der Zulassung mit Preisgarantie für die OKP – Prozess für innovative Therapien mit ausgewiesenem medizinischem Bedarf1

1) Voraussetzung ist, dass das Produkt auch in einem beschleunigten Programm (z.B. fast-track Verfahren, adaptive licensing, breakthrough designation etc.) von Swissmedic oder einer anderen anerkannten Arzneimittelbehörde (z.b. EMA, FDA) aufgenommen wurde. Jedes Jahr im Durchschnitt etwa 78 Dossiers mit einem hohen unmet medical need.
2) Quelle: Swissmedic Benchmarking Studie 2021 (Werte aus 2020): Median Zulassungszeit in Kalendertagen (Standardverfahren NAS), NAS Gesuche im beschleunigten Verfahren in Klammern.

[1] Für kassenpflichtige Medikamente besteht eine Preiskontrolle durch das BAG. Zur Preisermittlung zieht es in einem therapeutischen Quervergleich (TQV) zunächst die Behandlungskosten bereits zugelassener Arzneimittel für die Behandlung einer Krankheit heran. Daraufhin wird der Auslandpreisvergleich (APV) durchgeführt. Der APV berücksichtigt Länder, die mit der Schweiz wirtschaftlich vergleichbar sind.

[2] Dazu zählen die Swissmedic-Zulassungsarten: BZV, VmVA, Befristete Zulassung, Innovative Arzneimittel unter Art. 13 HMG, ORBIS, ACCESS Consortium.

Dr. René P. Buholzer

Geschäftsführer

Über uns

Interpharma ist der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz und wurde 1933 als Verein mit Sitz in Basel gegründet.

Interpharma informiert die Öffentlichkeit über die Belange, welche für die forschende Pharmaindustrie in der Schweiz von Bedeutung sind sowie über den Pharmamarkt Schweiz, das Gesundheitswesen und die biomedizinische Forschung.

Jahresbericht

Informationen zu unseren Kennzahlen und Aktivitäten im Geschäftsjahr 2023

mehr lesen

Board & Geschäftsstelle

Interpharma stellt sich vor

mehr lesen

Publikationen

Publikationen bestellen und herunterladen

mehr lesen

Vision & Mission

Mehr zu den Aufgaben und übergeordneten Zielen von Interpharma

mehr lesen

Kontakt

Setzen Sie sich mit uns in Verbindung

mehr lesen

Medien

Aktuelle Informationen und Medienkontakte für Medienschaffende

mehr lesen