Antibiotikaresistenzen: Die stille Pandemie - Interpharma

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20. November 2023

Antibiotikaresistenzen: Die stille Pandemie

Blogserie AMR Awareness Week 2023, Teil 1: Antibiotikaresistenzen – die stille Pandemie

Ziel der weltweiten AMR Awareness Week ist es, die Öffentlichkeit für Antibiotikaresistenzen zu sensibilisieren und Lösungsansätze voranzutreiben. Diese Blogserie, entstanden in Zusammenarbeit mit Interpharma-Mitgliederfirmen, gibt einen Einblick in die Rolle der Pharmaindustrie im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen.

Antibiotikaresistenz bezeichnet die Fähigkeit von Bakterien, sich anzupassen und der Wirkung von Antibiotika zu widerstehen. Resistente Bakterien breiten sich weltweit und auch in der Schweiz immer mehr aus und sind eine der grössten Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit des 21. Jahrhunderts. Im Jahr 2019 gab es weltweit schätzungsweise 4,95 Millionen Todesfälle im Zusammenhang mit antimikrobiellen Resistenzen (AMR)[1].

Die stetige Zunahme von AMR wird auch als «stille Pandemie» bezeichnet, weil sie eine der grössten Errungenschaften der modernen Medizin unwirksam zu machen droht. Antibiotika spielen in der modernen Medizin eine zentrale Rolle[2] : Sie ermöglichen die Behandlung von bakteriellen Infektionen (etwa Blutvergiftungen oder Lungenentzündungen), helfen bei der Infektionsprävention bei chirurgischen Eingriffen und schützen Personen mit einem geschwächten Immunsystem, z.B. bei Chemotherapien zur Behandlung von Krebs.

Ein wichtiger Faktor, der zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen beiträgt, ist der zu häufige und unsachgemässe Einsatz von Antibiotika beim Menschen und auch in der Veterinärmedizin. Die Dringlichkeit dieser globalen Problematik wird vom öffentlichen und privaten Sektor zunehmend erkannt. Mit Massnahmen auf verschiedenen Ebenen will beispielsweise die 2015 lancierte Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) die Wirksamkeit der Antibiotika für die Behandlung von Mensch und Tier nachhaltig sichern. Zu den Massnahmen gehören die Förderung des sachgemässen Umgangs mit Antibiotika, die Infektionsprävention in Spitälern, die Überwachung von Resistenzen und Antibiotikaverbrauch, die Förderung von Forschung sowie die Wissensvermittlung und die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit.

Die Schweiz ist in dieser Hinsicht auf gutem Wege. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern kann die Schweiz den tiefsten Antibiotikaeinsatz pro Kopf vorweisen. In der Humanmedizin sank der Gebrauch von kritischen Antibiotika, also Medikamente, die besonders wichtig sind zur Vermeidung von Resistenzen, von 2015 bis 2022 um 30%. In der Veterinärmedizin wurde er sogar um 77% reduziert[3].

Eine weitere zentrale Problematik sind fehlende neue Antibiotika. Zurzeit sind zwar rund 40 Antibiotika in der klinischen Entwicklung, aber nur wenige davon sind auch wirklich neue Wirkstoffe. In den letzten Jahrzehnten ist sogar nur eine neue Antibiotika-Wirkstoffklasse eingeführt worden. Weil aber Bakterien natürlicherweise ständig neue Resistenzen entwickeln, sind neue Antibiotika notwendig und die Medizin wird immer auf eine gut gefüllte Pipeline angewiesen sein.

Neue Antibiotika werden heute zu Recht nur sehr zurückhaltend eingesetzt, um die unausweichliche Resistenzbildung so lange wie möglich zu verzögern. Das bedeutet jedoch für Hersteller, dass sie mit neuen Antibiotika nur geringe Umsätze machen, welche die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten bei Weitem nicht kompensieren.

Quelle: Interpharma (2023)

Um dieses Problem zu lösen, unterstützt Interpharma nebst Anreizen für die Forschung auch eine Korrektur von Fehlanreizen im Markt: Es braucht neue Instrumente für die Vergütung von neuen Antibiotika, die unabhängig von der Verschreibungsmenge sind. Neue Antibiotika sind quasi eine Versicherung für künftige Gesundheitskrisen – bei der Preisfestsetzung sollte deshalb nicht nur der Wert für Patientinnen und Patienten, sondern auch der gesellschaftliche Wert, berücksichtigt werden.

Hier mehr lesen zu Antibiotikaresistenzen und der Pharmaindustrie.


[1] The LANCET (2022), Global burden of bacterial antimicrobial resistance in 2019: a systematic analysis Verfügbar unter: https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)02724-0/fulltext Abgerufen im November 2023.

[2] Bundesamt für Gesundheit (BAG). Antibiotikaresistenzen. URL: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/infektionskrankheiten-bekaempfen/antibiotikaresistenzen.html(17.10.2022)

[3] SRF. So bekämpft der Bund Antibiotikaresistenzen (2023). URL: https://www.srf.ch/news/schweiz/umsetzung-nationale-strategie-so-bekaempft-der-bund-antibiotika-resistenzen

Georg Därendinger

Mitglied der Geschäftsleitung / Leiter Kommunikation

+41 79 590 98 77

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