3 Fragen an Frau Catherine Chammartin - Direktorin Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Bern - Interpharma

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14. Januar 2021

3 Fragen an Frau Catherine Chammartin – Direktorin Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Bern

Warum ist das IP System für den Wirtschaftsstandort Schweiz so elementar wichtig?

Der Schutz des geistigen Eigentums ist eine wichtige Voraussetzung für einen funktionierenden Innovationszyklus. Ohne diesen Schutz hätten Produzenten und Investoren keinen Anreiz, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Die innovativen Branchen, die IP-Schutzrechte intensiv nutzen – und dazu gehört insbesondere auch die forschende Pharmaindustrie – leisten einen wesentlichen Beitrag zur Beschäftigung in unserem Land, zur Wertschöpfung, zur hohen Produktivität und damit ganz allgemein zum Wohlstand der Schweiz.

Gemäss einer Studie des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)[1] werden in der Schweiz 30,7 Prozent oder 1,3 Millionen der Stellen direkt durch schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige geschaffen. Der Beitrag dieser Branchen ans Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz beträgt sogar 41,3% oder 265 Milliarden (Mia.) CHF.

Mit der Industrie 4.0, der rasanten Digitalisierung und neuen Technologien sowie der künstlichen Intelligenz wird die Bedeutung des Schutzes des geistigen Eigentums weiter zunehmen. Will die Schweiz Innovationsführerin bleiben, muss sie dafür sorgen, dass dieser Schutz gewährleistet ist, auf nationaler und internationaler Ebene.

Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) ist ein kleines aber wichtiges Rädchen in dieser grossen «Innovationsmaschinerie». Unsere Aufgabe als nationales Kompetenzzentrum für alle Fragen des Immaterialgüterrechts ist es, einerseits Schutzrechte zu prüfen, zu erteilen und die entsprechenden Register (Marken, Patente, Designs) zu führen. Andererseits unterstützt das IGE Innovative und Kreative mit diversen Dienstleistungen. Zudem vertritt das IGE die Schweizer Interessen in allen Belangen des geistigen Eigentums auf internationaler Ebene.

Die Schweiz verfügt gegenwärtig über ein Netz von 31 Freihandelsabkommen mit 41 Partnerländern in allen Weltregionen. Wie wichtig ist die Regelung des IP-Schutzes in diesen Freihandelsabkommen? Wie werden Freihandelsverträge Ihrer Meinung nach in Zukunft aussehen?

Wegen des kleinen Heimmarkts ist die Schweizer Volkswirtschaft für Wachstum und den Erhalt ihres Wohlstands zwingend auf Exportmärkte angewiesen. Im Jahr 2019 belief sich das Schweizer BIP auf 727 Mia. CHF. Dabei fallen 462 Mia. CHF auf den Export von Waren und Dienstleistungen. Die Schweiz verdient also mehr als jeden zweiten Franken im Export. Mehr als 75% der Schweizer Exporte werden von IP-intensiven Branchen generiert, d.h. Branchen, deren Produkte wesentlich auf geschützten Innovationen beruhen. Die chemische und pharmazeutische Industrie trägt dabei mehr als die Hälfte zu den Schweizer Exporten bei. Freihandelsabkommen bieten die Möglichkeit, nebst Zoll- und Tarifreduktionen auch Bestimmungen im Bereich Schutz des geistigen Eigentums zu regeln. So tragen diese Abkommen zu fairen Rahmenbedingungen für den globalen Handel und Innovationsschutz bei. Durch den stetig wachsenden Handel mit neuen Technologien, IP-intensiven Produkten und Dienstleistungen wird die Bedeutung des IP-Schutzes in künftigen Freihandelsabkommen noch zunehmen.

Ein Freihandelsabkommen bildet zudem eine Basis, um spezifische IP-Probleme mit einem Partnerland anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Beispielsweise hat das IGE in den letzten vier Jahren für die Schweiz einen intensiven Dialog mit den zuständigen indonesischen Behörden über eine WTO-kompatible Ausgestaltung des indonesischen Patentgesetzes geführt: Mit Erfolg – letzten Oktober hat Indonesien die Pflicht zur lokalen Herstellung aus seinem Patentgesetz gestrichen.

Welche Rolle spielt IP in der jetzigen COVID-19 Situation?

In der ausserordentlichen Notsituation einer Pandemie kommt einem klaren und verlässlichen internationalen Rechtsrahmen eine besonders wichtige Rolle zu. Dies schliesst den Schutz des geistigen Eigentums mit ein.
Gerade der Patentschutz stellt sicher, dass privates Risikokapital in die Forschung und Entwicklung fliesst und dass Klarheit über Rechte und Pflichten an den Forschungsergebnissen und den neu entwickelten medizinischen Produkten besteht. Die Rechte an geistigem Eigentum können Brücken bauen, etwa durch Lizenzvereinbarungen zwischen Partnern zur Erforschung eines Virus wie SARS-CoV-2, zur Entwicklung oder zur Massenproduktion von neuen Impfstoffen und Medikamenten gegen COVID-19.
Wir haben seit Ausbruch der Pandemie im letzten Jahr eine beispiellose Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Forschungsanstalten und Pharmaunternehmen gesehen. In Rekordzeit resultierten daraus neue Impfstoffe und Medikamente, die uns hoffen lassen, die Pandemie effizient bekämpfen zu können.


[1] Siehe Bericht des EUIPO: https://euipo.europa.eu/ohimportal/en/web/observatory/ip-contribution#ip-contribution_1

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